Kosovo-Verbrechen

Serbischer Ex-Milosevic-Vertrauter freigesprochen

Ausland
26.02.2009 16:43
Serbiens Ex-Präsident Milan Milutinovic ist am Donnerstag vom UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im einstigen Jugoslawien (ICTY) freigesprochen worden. Dem einst sehr engen Mitarbeiter von Slobodan Milosevic wurden Kriegsverbrechen im Kosovo in der ersten Jahreshälfte 1999 angelastet. Für die Vorwürfe der fünf Anklagepunkte habe man keine ausreichenden Beweise, erklärte Richter Iain Bonomy bei der Urteilsverkündung. Milutinovic werde sofort freigelassen. Die Entscheidung des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag kam doch etwas überraschend, denn wider Erwarten musste der 66-Jährige für seine Loyalität zu Slobodan Milosevic nicht büßen.

Die Vorwürfe der Anklage waren für das Gericht nicht ausreichend bewiesen, obwohl Milutinovic als rechte Hand des verstorbenen Ex-Präsidenten Jugoslawiens Sloboda Milosevic galt. Bereits nach der Bekanntgabe der Haager Anklage, als er noch das Amt in Belgrad innehatte, hatte Milutinovic beteuerte, dass er während des Kosovo-Krieges (1998-99) mit der Situation in der damaligen südserbischen Provinz gar nichts zu tun gehabt habe.

In der Anklage ging es unter anderem um die Vertreibung von rund 800.000 albanischen Zivilisten aus ihren Heimen, Morde, sexuelle Misshandlungen, Beschießung und Zerstörung kosovarischer Städte und Dörfer. Die genannten Kriegsverbrechen seien von serbischen Sicherheitskräften angerichtet worden. Das "gemeinsame verbrecherische Vorhaben" der damaligen jugoslawischen und serbischen Staats- und Regierungsspitze zielten laut der Anklage darauf ab, die ethnische Struktur in der damaligen südserbischen Provinz dauernd abzuändern.

1998 Posten als serbischer Präsident übernommen
Milutinovic war Botschafter in Athen und Außenminister Jugoslawiens in den 90er Jahren. 1998 übernahm er den Posten des serbischen Präsidenten, welchen sein "Boss" - wie er Milosevic gerne nannte - kurz zuvor geräumt hatte. Milosevic war nach mehrwöchigen Oppositionsprotesten Anfang 1997 und der endgültigen Trennung vom montenegrinischen Präsidenten Milo Djukanovic bemüht, sein früheres Amt einem loyalen Mitarbeiter zu überlassen. Sein sozialistischer Parteifreund und potenzieller Kandidat, Zoran Lilic, genoss nicht mehr sein ganzes Vertrauen.

Die Wahl fiel daher auf Milutinovic, der den Ruf eines Staatsfunktionärs genoss, der sich "nicht in seinen Amtsbereich einmischt". Im Klartext: Milutinovic war ein bedingungsloser Vollstrecker der auferlegten Aufgaben. Aus Sicht Milosevics war sein Studienkollege ein Mann, der nie in die Versuchung geraten würde, breite Befugnisse des serbischen Präsidenten in Anspruch zu nehmen, um etwa die Position des jugoslawischen Staatschefs zu gefährden. Und so war es dann auch.

Milutinovic - ein bedingungsloser Vollstrecker
Die ganze berufliche Karriere Milutinovics stand im Zeichen einer treuen Vollstreckung der Aufgaben, die ihm zunächst von der Kommunistischen Partei und später von Milosevic auferlegt wurden. Als Belgrader Politiker war er in den 70er Jahren für die Entlassung von regimekritischen Universitätsprofessoren, darunter der derzeitige Parlamentsabgeordnete der Demokratischen Partei Dragoljub Micunovic, verantwortlich. Augenzeugen berichteten, dass Milutinovic in den frühen 80er Jahren seine Bestellung zum Chef der serbischen Nationalbibliothek als politische Strafe  bewertete. Er klagte demnach vor jedem Besuch hoher Parteipolitiker in der Bibliothek über Magenschmerzen.

Haftstrafen für fünf Mitangeklagte
Im Gegensatz zu Milutinovic wurden der ehemalige jugoslawische Vizepremier Nikola Sainovic (22 Jahre) und vier Generäle - Dragoljub Ojdanic (15 Jahre), Nebojsa Pavkovic (22 Jahre), Vladimir Lazarevic (15 Jahre) sowie Sreten Lukic (22 Jahre) verurteilt. Die im Mai 1999 erhobene Anklage bezog sich auch auf den damaligen serbischen Innenminister Vlajkos Stojiljkovic, der im April 2002 Selbstmord beging, um eine Auslieferung an das UNO-Tribunal zu vermeiden, sowie den Polizeispitzenfunktionär Vlastimir Djordjevic, der vor zweiundhalb Jahren in Montenegro festgenommen wurde. Das Gerichtsverfahren gegen Djordjevic ist vor dem UNO-Tribunal noch im Gange.

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