Rotationsregierung

Livni bietet Netanyahu “Halbe-halbe”-Variante an

Ausland
15.02.2009 18:34
Nach dem knappen Ausgang der Parlamentswahl in Israel will sich die Kadima-Partei von Außenministerin Tzipi Livni offenbar über eine Regierungsrotation einen Teil der Macht sichern, falls sie nicht den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Eine solche Rotation sei das Mindeste, was seine Kadima-Partei fordern könne, sagte am Sonntag der Minister für innere Sicherheit, Avi Dichter. Abseits der "Halbe-halbe"-Variante droht Livni auch mit dem Gang in die Opposition, falls Netanyahu auf den Posten des Premierministers bestehen sollte. Zugleich wurde in Jerusalem fieberhaft über die geplante längere Waffenruhe mit der Hamas beraten.

Bei der Parlamentswahl vor knapp einer Woche hatte Livnis Kadima einen Sitz mehr gewonnen als Netanyahus Likud, nämlich 28 zu 27 von insgesamt 120. Beide beanspruchen jedoch den Wahlsieg für sich. Traditionell erhält die größte Partei in der Knesset vom Präsidenten den Zuschlag zur Regierungsbildung. Da das rechte Lager der insgesamt 30 Knesset-Parteien 65 Mandate hält, das linke aber nur 55 Sitze, könnte es diesmal anders kommen. Es wäre das erste Mal in der 60-jährigen Geschichte des Landes, dass ein Wahlsieger nicht den Auftrag zur Regierungsbildung erhält.

Sicherheitsminister Dichter sagte im Rundfunk, Kadima-Chefin Livni habe bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten, dies müsse Likud-Chef Benjamin Netanyahu anerkennen. Eine Rotation sei eine Möglichkeit, die Kadima werde aber nicht als Juniorpartner in eine Koalition gehen. "Wenn Kadima nicht die Macht bekommt, geht sie in die Opposition", sagte Dichter.

"Halbe-halbe"-Variante zur Machtteilung
"Netanyahu kann eine stabile Regierung ohne Kadima bilden - umgekehrt geht es dagegen nicht", sagte der Likud-Abgeordnete Gideon Saar im Militärradio. Allerdings sei es nicht "die beste Lösung", weil sich Netanyahu dafür auch auf die extrem rechten und religiösen Parteien stützen müsste. Der Likud-Chef selbst hat zur Bildung eines Kabinetts der nationalen Einheit mit Kadima und unter seiner Führung aufgerufen. Einen Regierungschef Netanyahu aber wiederum will Livni nicht akzeptieren: "Nur die Kadima kann eine Regierung der nationalen Einheit bilden", sagte sie am Sonntag bei einem Treffen mit den neuen Kadima-Abgeordneten. Schließlich habe Kadima die Wahlen gewonnen. Sollte sie kein Mandat zur Regierungsbildung erhalten, werde sie ihren "Kampf für das Richtige" in der Opposition fortsetzen, so Livni.

Eine Rotation würde bedeuten, dass Livni und Netanyahu je zwei Jahre lang als Chef einer gemeinsamen Koalitionsregierung agieren. Dafür gibt es ein Beispiel in der Geschichte Israels: 1984 hatten die Arbeitspartei und der Likud eine Rotationsregierung gebildet. Präsident Shimon Peres - der sich damals gemeinsam mit dem Likud-Politiker Yitzhak Shamir das Premiersamt geteilt hatte - will frühestens am Mittwoch entscheiden, wem er den Auftrag zur Regierungsbildung gibt.

Waffenruhe mit Hamas abhängig von Shalit-Freilassung
Unabhängig von der Regierungsbildung wurde in Jerusalem am Wochenende über einen längerfristigen Waffenstillstand mit der Hamas beraten. Die radikale Palästinenserorganisation hatte vor wenigen Tagen ein baldiges Abkommen für 18 Monate in Aussicht gestellt. Allerdings betonte Israels Noch-Regierungschef Ehud Olmert am Samstag, der Abschluss einer längerfristigen Waffenruhe sei abhängig von der Freilassung des im Gazastreifen verschleppten israelischen Soldaten Gilad Shalit. Eine solche Verbindung lehnt die Hamas aber ab. Olmert beriet nach Angaben aus Regierungskreisen am Sonntag mit Livni, Verteidigungsminister Ehud Barak und Chef-Unterhändler Amos Gilad über das Vorgehen. Auch mit Netanyahu wollte er noch sprechen.

Im Süden Israels schlug derweil erneut eine palästinensische Rakete ein. Teile der Rakete seien am Samstag in der Nähe von Ashdod gefunden worden, teilte ein Armeesprecher mit. Es habe keine Verletzten und keine Schäden gegeben. Der Vorfall habe sich "offenbar am Freitagabend ereignet". Eine genaue Zeitangabe konnte der Sprecher nicht machen, weil das Alarmsystem für Raketenangriffe nicht angeschlagen habe. Es werde derzeit untersucht, warum es nicht funktionierte.

Außerdem explodierte am Samstag ein Sprengsatz an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen. Der Sprengsatz ging auf israelischer Seite hoch, als gerade eine Armeepatrouille vorbeifuhr. Zu der Tat bekannte sich der militärische Arm der radikalen Palästinenserorganisation Islamistischer Jihad. Es gab keine Opfer.

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