Stadt im Chaos

Lkw als Waffe: Diesmal traf der Terror Stockholm

Ausland
08.04.2017 09:55

Nach Nizza, Berlin und London nun Stockholm: In Drottningatan, einer belebten Einkaufsstraße im Norden der schwedischen Hauptstadt, ist am Freitag gegen 15 Uhr ein Lkw in eine Menschenmenge und anschließend in ein Kaufhaus gerast. Es gab vier Tote und zahlreiche Verletzte. Auch mehrere Kinder haben schwere Blessuren erlitten.

Reporter des schwedischen Fernsehens berichteten nach der Attacke von Panik und völligem Chaos. "Wir wissen nicht, ob es eine Einzeltat ist oder ob wir mit mehr rechnen müssen", sagte Reichspolizeichef Dan Eliasson am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Stockholm. Auch am Abend schloss die Polizei nicht aus, dass weitere Täter involviert waren.

Erste Festnahme noch am Abend
Noch am Abend wurde ein Verdächtiger festgenommen. Der Mann hatte sich nach Angaben der Polizei am Abend in einem Geschäft auffällig verhalten. Deshalb sei eine Polizeistreife auf ihn aufmerksam geworden und habe ihn verhaftet. Samstag früh meldete die Polizei, dass es sich bei dem Todeslenker um einen 39-jährigen Usbeken handeln dürfte.

"Warnung vor einer Terrorfahrt"
Durch die Stadt fuhr nach dem Anschlag ein Polizeiwagen, aus dem Beamte "Warnung vor einer Terrortat" riefen. Ministerpräsident Stefan Löfven sprach bereits kurz nach dem Vorfall von einer "fürchterlichen Terrorattacke". Die Regierung richtete einen Krisenstab ein. Das Personal des Universitätskrankenhauses Karolinska-Institut bei Stockholm wurde in Alarmbereitschaft versetzt. Zusätzliches Personal wurde angefordert, hieß es in schwedischen Medien. Alle Ärzte seien gebeten worden, sich einzufinden.

Amateurvideo zeigt die Todesfahrt von Stockholm:

"Schüsse auch in Hotel"
Es habe nach der Lkw-Attacke keine weiteren Vorfälle mehr gegeben, erklärte Polizeisprecher Eliasson. Ob er sich damit auf zuvor verbreitete Medienberichte über Schüsse im Hotel Friedhelmsplan, das sich in der Nähe des Tatorts befindet, bezog, sagte er nicht. Videos von Augenzeugen zeigten jedenfalls fliehende Menschen. "Ich bin um mein Leben gelaufen. Es war fürchterlich. Unmengen von Blut auf der Straße, Menschen lagen überall", sagte ein Betroffener.

Stadt im Schockzustand
"Ich habe Menschen gesehen, die mit einer Decke abgedeckt wurden. Viele um mich herum waren hysterisch", sagte eine Augenzeugin. Eine junge Frau sei einfach nur da gestanden, den Arm schützend um ihr Baby gelegt, und wie erstarrt gewirkt, berichtet ein völlig aufgelöster Schwede. "Eine Frau sah aus, als hätte sie einen Fuß verloren", sagt eine Verkäuferin, die auch von einem Hund berichtete, der überfahren und getötet wurde.

Die Polizei sperrte die Zugänge zum schwedischen Parlament, das nur wenige 100 Meter entfernt vom Ort des Vorfalles liegt. Die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, nicht nach draußen zu gehen. Auf den Dächern positionieren sich Scharfschützen. Hubschrauber kreisten über der Innenstadt, die nahegelegene U-Bahn-Station wurde evakuiert. Auch andere wichtige Gebäude riegelten die Sicherheitskräfte ab, darunter den Gebäudekomplex Rosenbad, Sitz der schwedischen Regierung und das Königsschloss.

Alle Züge in der schwedischen Hauptstadt wurden "für den Rest des Tages" stillgelegt, der Hauptbahnhof evakuiert. Alle Kinos und viele Theater in Stockholm und Umgebung stellten ihr Abendprogramm ein. Etliche öffentliche Gebäude sowie eine Schule wurden für Bürger, die aufgrund der Verkehrsbehinderungen nicht mehr nach Hause kamen, geöffnet.

Brauereifahrzeug wurde entführt
Bei dem Lkw handelt es sich um ein Fahrzeug einer schwedischen Brauerei. Die Brauerei gab bekannt, dass der Lkw kurz vor der Tat entführt worden war. Der Fahrer soll dabei gerade beim Ausladen der Getränke vor einem Innenstadtlokal gewesen sein, als ein Maskierter vorne in die Fahrerkabine gesprungen und mit dem Wagen weggefahren sei. Der Fahrer wollte den Mann noch stoppen, wurde dabei angefahren, hat aber keine ernsten Verletzungen erlitten.

König Carl Gustav bestürzt
Die schwedische Königsfamilie hat schockiert auf das mögliche Attentat mit einem Kleinlaster in Stockholm reagiert. "Ich und die gesamte Königsfamilie haben mit größter Bestürzung die Informationen über das Attentat am Nachmittag in Stockholm entgegengenommen", schrieb König Carl XVI. Gustaf am Freitag auf der Homepage der Königsfamilie.

Facebook aktiviert "Sicherheitscheck"
Facebook aktivierte nach dem möglichen Anschlag seinen "Sicherheitscheck". Nutzer in Stockholm können darüber Freunden mitteilen, dass sie in Sicherheit sind. Der Service war bei Terroranschlägen in den vergangenen Monaten immer wieder aktiviert worden. Der "Safety Check" war ursprünglich unter dem Eindruck des Tsunami 2011 in Japan für den Fall von Naturkatastrophen entwickelt worden.

ÖVP-Klub erlebte Stockholm-Terror "hautnah"
Der burgenländische ÖVP-Klub war zu diesem Zeitpunkt gerade zu Besuch in Stockholm. Er habe die Ereignisse "hautnah" miterlebt, berichtete Landesparteiobmann Thomas Steiner am späten Freitagnachmittag.Das Nachbarland Norwegen erhöhte indes seine Sicherheitsvorkehrungen. In den größten Städten des Landes und am Flughafen von Oslo tragen Polizisten nun Schusswaffen.

Immer wieder Anschläge mit Fahrzeugen
In den vergangenen Monaten hatte es mehrere tödliche Anschläge von Anhängern der islamistischen Extremistenmiliz IS gegeben, in denen Attentäter mit Fahrzeugen in Menschenmengen gerast waren, darunter in Berlin, London und Nizza.

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