SPÖ jetzt auf Kurs?

Der bisher geheime "Beipackzettel" zu CETA

Ausland
06.10.2016 11:33

Ein Zustandekommen des Handelsabkommens CETA zwischen der EU und Kanada wird immer wahrscheinlicher. Nun liegt auch die versprochene gemeinsame Zusatzerklärung vor. Dieser "Beipackzettel" soll die letzten Bedenken der österreichischen Regierung, vor allem aber vieler SPÖ-Funktionäre, ausräumen. In der Erklärung wird noch einmal ein Bekenntnis zur nachhaltigen Entwicklung abgegeben, den umstrittenen Schiedsgerichten, die bei Differenzen zwischen Investoren und Staaten entscheiden sollen, wird Unbedenklichkeit bescheinigt. Jetzt will Kanzler Christian Kern dem SPÖ-Präsidium den Entwurf vorlegen.

Der "Beipackzettel", der auch krone.at vorliegt, umfasst fünf Seiten. Inhaltlich nimmt er auf die strittigen Punkte des Handelsabkommens Bezug, große Überraschungen bleiben aber aus. Im Prinzip bestätigt die Zusatzerklärung nur, was ohnehin schon im seit Jahren fertigen Abkommen steht. "Wir erinnern daran", heißt es in dem Text unter anderem, "dass Kanada und die EU wie auch deren Mitgliedsländer anerkennen, wie wichtig es ist, dass im Sinne des öffentlichen Interesses reguliert wird."

HIER finden Sie den kompletten "Beipackzettel" zum Download.

Entwurf: CETA als "Vorbild für künftige Abkommen"
"Die EU, ihre Mitgliedsländer und Kanada werden weiter die Möglichkeit haben, die legitimen politischen Ziele ihrer demokratischen Institutionen zu erreichen" - insbesondere bei öffentlicher Gesundheit, Sozialen Diensten, öffentlicher Bildung, Sicherheit, Umwelt und dem Schutz kultureller Vielfalt, stellt die Erklärung fest. Auch die Standards bei Lebensmittelsicherheit, Konsumentenschutz, Gesundheit, Umwelt oder Arbeitsschutz "werden nicht gesenkt". Demnach sei CETA ein "radikal neuer Ansatz und Vorbild für künftige Abkommen".

Verwaltungszusammenarbeit auf freiwilliger Basis
Bei der Verwaltungszusammenarbeit erfolge die Kooperation auf freiwilliger Basis, hält das Papier fest. "CETA wird Regierungen nicht dazu verpflichten, irgendeinen Dienst zu privatisieren, oder Regierungen daran hindern, das Ausmaß der öffentlichen Dienstleistungen zu erweitern." Auch früher privatisierte Dienste können wieder an die öffentliche Hand übergehen. "CETA wird nicht dazu führen, dass ausländische Investoren besser behandelt werden als inländische." Insbesondere würden die Mitgliedsländer durch CETA nicht verpflichtet, die kommerzielle Verwertung ihres Wassers zuzulassen, wenn sie dies nicht wollen.

Arbeitsrecht darf nicht gelockert werden
"CETA klärt, dass Regierungen ihre Gesetze ändern können, auch wenn das die Gewinnerwartungen eines Investors schmälert", so die gemeinsame Erklärung. Eine Kompensation werde von der "objektiven Entscheidung des Schiedsgerichts" abhängen und nicht höher sein als der damit verbundene Verlust. Bei öffentlichen Ausschreibungen dürfen Umwelt- und Arbeitsrecht-bezogene Kriterien vorgegeben werden, etwa die Einhaltung von Kollektivverträgen. CETA schreibe fest, dass Arbeitsrecht nicht gelockert werden darf, um Handel zu stärken oder Investitionen anzuziehen. Das Recht auf Kollektivverträge werde dadurch nicht berührt. Die teilnehmenden Staaten werden motiviert, die Standards der Internationalen Arbeitsorganisation einzuhalten.

Kern: "Es geht in die richtige Richtung"
Am Mittwoch hatte sich Kanzler Kern nach einem Treffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorsichtig optimistisch gegeben. Es gehe in die richtige Richtung und es sehe so aus, als habe man "substanzielle Verbesserungen" erreicht, so Kern. Die Zeichen würden allerdings noch auf Abwarten stehen. Kern will zuerst den Zusatzentwurf prüfen und dann das SPÖ-Präsidium damit befassen. Bereits in der kommenden Woche könnte der Ministerrat dann eine Entscheidung treffen. Die formale europäische Entscheidung über das Freihandelsabkommen soll am 18. Oktober bei einem außerordentlichen Treffen der EU-Handelsminister fallen.

Juncker: "Erklärung entspricht Erwartungshaltung Österreichs"
Juncker hatte nach dem Treffen mit Kern gesagt: "Es gibt keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der österreichischen Bundesregierung und der EU-Kommission." Die Erklärung entspreche der Erwartungshaltung Österreichs, etwa dass die Daseinsvorsorge und die Wasserversorgung von CETA nicht betroffen seien. Die Erklärung werde im EU-Amtsblatt veröffentlicht, so Juncker, damit sei klar, dass sie auch verbindlich sei. Dann stünde der Unterzeichnung von CETA nichts mehr im Weg.

Nächste Woche sollen sich die EU-Botschafter mit der Zusatzerklärung und mit dem CETA-Abkommen befassen, am 18. Oktober tagt dann der EU-Handelsministerrat in Luxemburg. Planmäßig soll CETA beim EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober in Brüssel unterzeichnet werden.

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