Streit um Budgetloch

SPÖ und ÖVP könnten sich auf 20 Mrd. Euro einigen

Österreich
11.11.2013 16:55
Bewegung in Sachen Budgetstreit: Nach mehreren Telefonaten zwischen Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger sowie Beratungen der Koalitionsverhandler hat sich am Montag ein Kompromiss über das Ausmaß des Budgetlochs abgezeichnet. Der nun angewendeten rot-schwarzen Formel zufolge würden bis 2018 im Staatshaushalt rund 20 Milliarden Euro fehlen.

Bei SPÖ und ÖVP war man am Montag intensiv bemüht, ein Platzen der Koalitionsverhandlungen zu verhindern. Für den Auslöser des Streits, die Größe des Budgetlochs, sollte ein Ausweg gefunden werden. Nachdem nun andere Berechnungen zugrunde gelegt werden (etwa die Einberechnung der Finanztransaktionssteuer), könnte sich der Fehlbetrag statt auf 40 oder 30 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren auf etwa 20 Milliarden Euro belaufen. Das würde ein Einsparvolumen von rund vier Milliarden Euro jährlich bedeuten.

Diese Summe wird als beherrschbar bezeichnet, ein Sparpaket, aber auch vermögensbezogene Steuern sollten dadurch nicht notwendig werden. Man käme mit "kostendämpfenden Maßnahmen" wie einem Aufnahmestopp bei den Beamten oder "späteren Fertigstellungsterminen" etwa beim Koralmtunnel oder dem Linzer Westring durch.

Wirtschaftsforscher müssen überzeugt werden
Von der Neuberechnung der Budgetlücke müssen allerdings noch die Wirtschaftsforscher überzeugt werden. Erst am Wochenende hatte Wifo-Chef Karl Aiginger von einem möglichen Fehlbetrag von sechs bis acht Milliarden Euro jährlich bis 2018 geredet. Bei internen Besprechungen der ÖVP mit mehreren Wirtschaftsexperten an einem Tisch wurde hingegen die Summe von 28,4 Milliarden in den nächsten fünf Jahren als Ausmaß der Budgetdifferenz genannt.

Weit von der zuletzt als möglich genannten 20-Milliarden-Kompromissformel entfernt ist auch das Institut für Höhere Studien. Nach dessen Berechnungen klafft bei den Steuereinnahmen bis 2018 eine Lücke von 14 Milliarden Euro, im Pensionssystem ein Minus von neun Milliarden, und bei der Bankenhilfe fehlen noch sechs Milliarden. Dazu kommen weitere kleine Fehlbeträge - insgesamt ergibt sich damit laut IHS-Chef Keuschnigg ein Fehlbetrag von über 30 Milliarden Euro bis 2018.

Dass sich an dieser Prognose noch viel ändern könnte, glaubt Keuschnigg nicht: "Der Prozess ist noch nicht ganz abgeschlossen, aber ich würde sagen, große Überraschungen im Sinne von Änderungen wird es nicht mehr geben."

Kommentar von Claus Pándi: Problem mit der Glaubwürdigkeit
Mit den Horrorzahlen von einem gigantischen Budgetloch hat sich die ÖVP unter Vizekanzler Michael Spindelegger beim Koalitionspoker gehörig in die Sackgasse manövriert. Zugleich wächst in der Regierung die Kritik an den Wirtschaftsforschern, die mit ihren immer öfter rauf und runter schwankenden Prognosen die Hysterie noch befeuern. Besonders der gerne in Funk und Fernsehen auftretende Wifo-Chef Karl Aiginger gerät nun zwischen den Koalitionsfronten unter Beschuss.

Wenn jetzt, wie sich hinter den Kulissen abzeichnet, die Koalitionsparteien auf die Kompromissformel "Es gibt ein Budgetloch, aber kein so großes" zusteuern, stehen SPÖ und ÖVP aber vor der nächsten Komplikation. Und dieses Problem ist besonders ernst. Es geht um das wichtigste Gut der Politik, die Glaubwürdigkeit.

Nach dem tagelangen Schweigen der Regierung, während ein angeblicher Milliarden-Tsunami über das Land hinwegfegte, wird den Aussagen der Spitzenpolitiker kaum noch Vertrauen geschenkt. Das ist für den Start einer "Koalition neuen Stils" die denkbar schlechteste Voraussetzung. Dieses Misstrauen ist der Dünger, unter dem die Saat der Freiheitlichen gedeiht.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kann, ohne einen Finger zu rühren, zusehen, wie seine Umfragewerte immer weiter steigen und steigen. Die Frage, welches Ergebnis herauskäme, wenn am kommenden Sonntag Wahlen wären, stellt sich derzeit überhaupt nicht mehr.

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