Klug neuer Minister

“Keine Schonfrist” für Nachfolger von Norbert Darabos

Österreich
05.03.2013 21:01
Der neue Verteidigungsminister Gerald Klug (44) ist noch nicht einmal in seiner Funktion im Regierungsteam der SPÖ angelobt worden, schon beginnen in der Koalition die alten Spielchen. Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger will dem Nachfolger von Norbert Darabos jedenfalls "keine Schonfrist" einräumen und drängt auf rasche Reformen beim Bundesheer. SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann gab am Dienstagabend nach einer Sitzung des Parteipräsidiums die Personalrochade offiziell bekannt.

Der von Faymann in einer geheimen Suchaktion innerhalb der SPÖ-Funktionäre aufgespürte nächste Verteidigungsminister hat nicht nur eine lupenreine Parteikarriere vorzuweisen. Klug genießt auch das besondere Vertrauen von ÖGB-Chef Erich Foglar und den steirischen Sozialdemokraten. Das gibt dem 44-jährigen Juristen einen wichtigen Rückhalt, den er für seine neue Aufgabe brauchen wird.

Politisch begann der Metaller-Gewerkschafter in der Arbeiterkammer, nebenbei besetzte er Funktionen in der steirischen Gebietskrankenkasse und im Arbeitsmarktservice. Ins Hohe Haus zog Klug 2005 ein, und zwar in den Bundesrat, dem er bis jetzt treu blieb. Seine bislang wichtigste Funktion ist die des Fraktionschefs der SPÖ in der Länderkammer, die Klug seit 2010 ausfüllt. Dass er nicht Präsident des Bundesrats wurde, ist auf einen rot-schwarzen Deal zurückzuführen, der diesen Posten der ÖVP zuschanzte, obwohl diese in der Steiermark nur die Nummer zwei ist.

Aufgefallen ist Klug, der den Präsenzdienst absolviert hat, in Land und Bund nicht wirklich. In die Öffentlichkeit schaffte er es mit einer vom Bundesrat in die Wege geleiteten Gesetzesinitiative, durch die Gemeinden auch über Bezirks- und Ländergrenzen hinweg Verbände eingehen können.

ÖVP: "Reform muss stehen"
Die ÖVP-Spitze hat sich bereits auf Klug eingeschossen, bevor dieser überhaupt als Minister für Verteidigung und Sport angelobt worden ist - die Vereidigung soll am kommenden Montag durch Bundespräsident Heinz Fischer stattfinden. Vizekanzler Spindelegger sagte am Dienstag, dass der neue Verteidigungsminister mit der Reformarbeit für das Bundesheer unverzüglich beginnen und diese bis zu den Nationalratswahlen im Herbst abgeschlossen haben müsse. Spindelegger wörtlich: "Egal, wer Verteidigungsminister ist, die Reform muss stehen."

Ähnlich äußerte sich ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf, der erklärte, dass man auf eine rasche Umsetzung der Bundesheer-Reform drängen werde. Auch ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch verstärkte die Front mit seiner Erklärung, dass "der neue Verteidigungsminister für die vereinbarte Umsetzung der Wehrdienstreform sorgen" müsse.

Abstimmung in der Infobox: Ist der Wechsel von Darabos ein kluger Schachzug?

Faymann: Rochade wegen Volksanwalt-Nominierung
Kanzler Faymann gab am Dienstagabend offiziell bekannt, was die "Krone" schon vorab berichtet hatte: Verteidigungsminister Darabos wird neuer Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter, der bisherige Parteimanager Günther Kräuter wird für die Volksanwaltschaft aufgestellt, das Verteidigungs- und Sportressort von Darabos übernimmt Klug.

Seine Vorschläge seien im Präsidium einstimmig zur Kenntnis genommen worden, betonte der Kanzler. Ausgegangen ist die Rochade nach Faymanns Darstellung davon, wen die SPÖ als Volksanwalt nominiert. Weil Peter Kostelka nicht mehr antreten darf, habe er überlegen müssen, wer am besten für diese Position geeignet sei. Kräuter bringe die "besten Voraussetzungen" mit, so habe er etwa im Konsumentenschutz viel getan und sei Jurist, erläuterte Faymann.

Klug mit "viel Erfahrung im politischen Management"
Für die "wichtige Auseinandersetzung" heuer, also die Nationalratswahl, brauche es in weiterer Folge einen Bundesgeschäftsführer, der gleichzeitig Wahlkampfleiter ist, betonte Faymann. Darabos habe erfolgreich mehrere Wahlkämpfe geführt. Die Frage sei dann gewesen, wer das wichtige Ressort Landesverteidigung und Sport übernehme. In der Landesverteidigung gebe es noch in dieser Periode viel zu tun, verwies Faymann auf die Konsequenzen aus der Bundesheer-Volksbefragung. An Klug schätzt der Kanzler, dass er "viel Erfahrung im politischen Management" mitbringe.

Der scheidende Verteidigungsminister selbst bestätigte, sofort Ja zu Faymanns Angebot gesagt zu haben. Die Sozialdemokratie sei "unverzichtbar für Österreich", und man werde den Wahlkampf so auszurichten haben, dass die Kernkompetenzen im Vordergrund stehen. Konkret nannte Darabos Arbeitsmarkt, Soziales, Bildung und Gesundheit. Der neue Verteidigungsminister Klug war bei der Pressekonferenz noch nicht dabei, er soll am Mittwoch bei einem Medientermin vorgestellt werden.

Darabos für Kräuter "Idealbesetzung"
Kräuter bezeichnete seinen Nachfolger Darabos als "Idealbesetzung". Er selbst freue sich auf seine neue Rolle als Volksanwalt: "Das liegt mir sehr." Laura Rudas, die in der Bundesgeschäftsführung bleibt, betonte, dass Darabos sich ihrer Unterstützung sicher sein könne. Man arbeite seit Jahren sehr gut zusammen und verstehe sich ausgezeichnet.

Rudas stellte auch klar, dass Darabos alleine als Wahlkampfmanager fungieren werde. "Es gibt keinen Besseren als ihn", verwies die Bundesgeschäftsführerin auf die erfolgreichen Kampagnen Darabos' im Burgenland und für die Bundespartei. Eine Degradierung sieht Rudas für sich nicht. Ob sich an ihren Aufgabengebieten innerhalb der Zentrale etwas ändern werde, entscheide man in den nächsten Wochen.

Darabos-Comeback in Löwelstraße
Dass Darabos nun in die Löwelstraße zurückkehrt, entbehrt nicht einer gewissen Logik. Denn er führte einst als Bundesgeschäftsführer (gemeinsam mit Doris Bures) völlig überraschend Alfred Gusenbauer ins Kanzleramt und lotste weniger überraschend als Wahlkampfleiter Fischer in die Hofburg. Davor hatte er trotz Bank-Burgenland-Skandals Hans Niessl zu einem Wahltriumph im Burgenland geführt und war so für die Bundesebene erst interessant geworden.

Diese Erfolge liegen freilich schon eine Zeit zurück, und Darabos' letzte Kampagne, nämlich die rund um den Jahreswechsel für das Berufsheer, verlief nicht nach Plan. Rund 60 Prozent sprachen sich für den Erhalt der Wehrpflicht aus. Dafür macht man in der SPÖ allerdings weniger den unermüdlich kämpfenden Parteisoldaten Darabos verantwortlich als die Parteizentrale mit Kräuter und Rudas, die nach der EU-Wahl den zweiten bundesweiten Urnengang mehr als deutlich verlor.

Strategie der letzten Nationalratswahl "reloaded"
Daher kopiert die SPÖ jetzt quasi das Modell von vor der letzten Nationalratswahl. Da holte man Bures wenige Monate vor dem Urnengang aus der Regierung zurück in die Parteizentrale, um nach Gusenbauers erzwungenem Abgang zu retten, was noch zu retten war - und das war genug, die SPÖ holte neuerlich Platz eins.

Das soll nun auch Darabos richten, und während es Bures schwerfiel, ihr Frauenministerium zu verlassen, dürfte der Burgenländer dem Verteidigungsressort nicht allzu viele Tränen nachweinen. Denn allzu erfolgreich gestaltete sich seine Ära nicht, auch wenn er zuletzt sogar schon längstdienender Verteidigungsminister der Europäischen Union war. Immerhin amtiert Darabos schon seit 2007.

Darabos hatte es als ehemaliger Zivildiener von Beginn an nicht leicht in einem über Jahrzehnte vor allem von schwarzen und blauen Beamten geleiteten Ressort - politisch logisch, dass er mit Edmund Entacher einen der wenigen hochrangigen roten Militärs zum Generalstabschef machte, weniger logisch, dass er sich mit diesem anlässlich seines Wehrdienstschwenks so sehr verkrachte, dass er mit Ab- und Wiedereinsetzung des Generals eine bittere politische Niederlage hinnehmen musste. Dass er die Eurofighter nicht los wurde, ist dagegen weniger Verhandlungsungeschick als einer unmöglichen Ausgangslage geschuldet.

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