Krebsversicherungen

Geschäft mit der Angst oder hilfreicher Schutz?

Österreich
17.12.2016 12:35

Jährlich erkranken rund 39.000 Menschen in Österreich an Krebs. Diese Diagnose verändert das Leben der Betroffenen mit einem Schlag grundlegend. Neben dem körperlichen und seelischen Leid geraten viele Patienten und deren Familien in finanzielle Nöte: Verdienstentgang, teure Therapien und zusätzlich Kosten, falls Kinder und ältere Familienmitglieder versorgt werden müssen, drohen. Gerade davor wollen Versicherungen mit einer Krebsversicherung bewahren. Allerdings sehen Konsumentenschützer die angebotenen Produkte skeptisch: Häufig ist von einem "Geschäft mit der Angst" die Rede.

In Österreich bieten mit Wüstenrot und Donau zwei Versicherungen einen entsprechenden Schutz an, wobei Wüstenrot seit 2015 und Donau erst seit heuer eine Krebsversicherung im Portfolio haben. Das Interesse ist laut Vertretern beider Versicherer derzeit relativ groß. "Im Schnitt habe ich alle zwei Wochen eine Anfrage bezüglich einer Krebsversicherung", sagt Christian Leb, Kundenbetreuer bei der Donau Versicherung, gegenüber krone.at. Das Alter der Interessenten reiche von 20 bis 55 Jahren.

Auch an Wüstenrot wenden sich zahlreiche Menschen, die sich für eine Krebsversicherung interessieren. "Die Nachfrage ist erwartungsgemäß hoch, da viele Menschen im Falle einer Erkrankung oft vor finanziellen Herausforderungen stehen", sagt Herbert Meneweger vom Produktmanagement der Wüstenrot Gruppe. Der Kunde solle "zumindest finanziell die Sicherheit und Möglichkeiten haben, das Leben wie gewohnt fortführen zu können". "Wir wissen, dass viele Menschen vor existenziellen Problemen stehen. Hinzu kommen Kosten für Kinderbetreuung, Haushaltshilfen oder ergänzende Therapien, die sie sich nicht leisten können", führt Meneweger weiter aus.

"Bis auf wenige Ausnahmen alle bösartigen Tumore versichert"
Das Abschließen einer Versicherung läuft recht unkompliziert ab: Es wird nur eine vereinfachte Gesundheitsprüfung (zwei Fragen zu einer möglichen Krebs-Vorerkrankung und anderen schweren Erkrankungen) verlangt. "Bis auf ein paar wenige nicht so schwerwiegende Krebsarten werden alle bösartigen Tumore versichert", beschreibt Leb den Leistungsumfang, den Versicherte ab dem 18. bis zum 60. Lebensjahr abschließen können. Diesen Schutz kann man bis zum vollendeten 75. Lebensjahr genießen.

Bei Wüstenrot kann man bis zum 65. Lebensjahr eine solche Versicherung abschließen. Meneweger erklärt dazu: "Da Wüstenrot Kunden finanziell absichert, wenn sie durch eine Krebserkrankung aus dem Berufsalltag herausgerissen werden, ist es am sinnvollsten, sich bis zum maximalen Alter von 65 zu versichern, was auch nahezu alle Kunden tun."

Kernpunkte der Versicherung bei der Donau sind eine Sofortzahlung nach einer Krebsdiagnose (frei wählbar zwischen 25.000, 50.000 oder 100.000 Euro) und die Möglichkeit einer kostenlosen ärztlichen Zweitmeinung zur Diagnose. Die Donau Versicherung kooperiert mit dem US-Unternehmen MediGuide, das sich auf das Vermitteln von führenden Medizinern an Patienten spezialisiert hat. MediGuide arbeitet weltweit mit rund 90 Krankenhäusern für eine Zweitmeinung zusammen, heißt es seitens der Donau Versicherung. "Dabei handelt es sich um eine Möglichkeit, einen Gegencheck durchführen zu lassen bzw. eine individuelle Therapie entwerfen zu lassen", so Leb.

Suggerieren Versicherungen eine Zwei-Klassen-Medizin?
Mediziner und Konsumentenschützer äußern sich über die Krebsversicherungen eher skeptisch. Einerseits sei nicht jede Krebsform abgedeckt, zudem werde suggeriert, dass die gesetzliche Krankenversicherung nicht die modernsten Therapien zahle bzw. weit unter dem Niveau der aktuellen Forschung liege. Der "Konsument" wies in seiner Jänner-Ausgabe 2016 auch auf den Umstand hin, dass die meisten Krebserkrankungen nach dem 65. Lebensjahr aufträten, die meisten Versicherungen aber gerade zu diesem Zeitpunkt wieder ausstiegen.

Zu diesem Kritikpunkt merkt Meneweger an, dass sich das Gehalt einer berufstätigen Person bei längerem Krankenstand verringere, die Pension ab 65 aber nicht. Daher habe sich seine Versicherung dazu entschlossen, dafür eine Lösung zu bieten und Kunden bis zum 65. Lebensjahr zu versichern.

Auch die im Vergleich zum Leistungsumfang hohen monatlichen Prämien wurden im "Konsument" kritisiert. So müsste eine 40-jährige Nichtraucherin bei Wüstenrot für eine Versicherungssumme von 50.000 Euro pro Monat 28,62 Euro zahlen. "20 Euro pro Versicherungsabschluss gehen zwar als Spende an die Krebshilfe, aber der weitaus größere Teil der Spende geht wohl an Wüstenrot", lautete das Urteil der Konsumentenschützer.

Junge Menschen und ihre Zukunftsängste
Handelt es sich also eher um ein "Geschäft mit der Angst" und weniger um einen wirklich wichtigen Schutz? Die Versicherungsvertreter verneinen das naturgemäß. Karin Podolak, Gesundheitsredakteurin der "Krone", findet die Kritik der Konsumentenschützer allerdings durchaus berechtigt. "Gerade bei Krebs haben wir keine Zwei-Klassen-Medizin in Österreich. Die Krankenkassen bezahlen alle wichtigen Therapien der Patienten." Dass es aber eine Nachfrage nach Krebsversicherung gibt, sieht Podolak in den sozialen und wirtschaftlichen Zukunftsängsten der jungen Menschen. Da sie nicht mehr mit einer staatlich garantierten Pension rechneten und auch eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung erwarteten, würden sie Zusatzversicherungen für immer wichtiger erachten.

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