Causa Zogaj

Behördenmarathon für Zogaj-Geschwister beginnt

Oberösterreich
15.01.2009 02:02
Der Behördenmarathon um die seit Dienstag in Österreich wiedervereinte Familie Zogaj hat begonnen: Die Söhne Alfred und Alban sowie Mutter Nurie Zogaj sind am Mittwochvormittag von Beamten des Innenministeriums einvernommen worden. Es gehe vor allem um die Rekonstruktion des Fluchtweges, so Christian Schörkhuber von der Volkshilfe Oberösterreich. Indes hat die Einwanderungsbehörde in Ungarn durchblicken lassen, dass man kein Interesse daran habe, ein Asylverfahren für die vier ehemals in Debreczin "gestrandeten" Geschwister zu übernehmen. Innenministerin Fekter hatte am Dienstag angedeutet, dass das Verfahren in Ungarn zu führen sei. So einfach bekommt die Politik die kosovarische Familie aber offenbar nicht aus dem Land.

Aus Ungarn hieß es am Mittwoch, einzig jene Mitglieder, die über Ungarn den EU-Raum betreten hätten, würden in die ungarische Zuständigkeit fallen. Zuletzt waren die vier Geschwister von Arigona Zogaj in Ungarn eingereist, hatten dort einen Asylantrag gestellt, waren dann aber vor einigen Tagen nach Oberösterreich weitergefahren. Einen Antrag auf Abschiebung gab es bisher von Österreich aus nicht.

Ungarn: Offiziell keine Informationen aus Österreich
Das ungarische Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft habe bisher von offizieller Seite keinerlei Informationen aus Österreich über den Verbleib der Zogaj-Geschwister erhalten. Das erklärte Zoltan Horvath, Chef der Internationalen Abteilung des Amtes, am Mittwoch. Am 22. Dezember 2008 hätten vier Mitglieder der Zogaj-Famile um Asyl in Ungarn ersucht. Sie erklärten, dass ihre Mutter in Österreich sei, hätten aber zunächst keine konkreten Angaben über den genauen Aufenthaltsort der Mutter gemacht.

Laut Horvath hat sein Amt am 5. Jänner 2009 ein Informationsersuchen an die österreichischen Behörden gesandt, mit der Frage, ob sich die Mutter der Zogaj-Kinder wirklich in Österreich aufhalten würde. "Eine Antwort haben wir bisher nicht erhalten", erklärt Horvath. Inzwischen hätten sich die Zogaj-Geschwister mit dem 14. Jänner aus dem Asylheim in Debrecen mit unbekanntem Ziel entfernt. Auch seitdem habe Ungarn keine Informationen oder ein Ersuchen von österreichischer Seite erhalten, erklärte Horvath.

"Nur wenn Sie über uns in die EU gelangt sind"
Im Detail gibt das Amt keine Auskunft über den Fall der Zogaj-Geschwister. Laut Aussage der Rechtsabteilung sei Ungarn aber nach dem Dublin-Abkommen verpflichtet, jene Personen zurückzunehmen, die nachweisbar über die ungarische Grenze kommend den EU-Raum betreten hätten. Ob das im Fall der vier Geschwister so war, weiß man offenbar noch nicht. Die Rücknahme würde sich aber ohnehin nur auf besagte Personen und nicht auf eine Familie beziehen, deren übrige Mitglieder nicht über Ungarn den EU-Raum betreten hätten. Die Verantwortung Ungarns würde sich also nicht auf Arigona und ihre Mutter Nurie beziehen.

Das Problem in dem Fall: Zwei Staaten müssten sich hier gesondert über eine Familienzusammenführung einigen. Es gebe dabei ein konkretes System an Bedingungen, heißt es von beiden Seiten. Im Sinne von Dublin muss entschieden werden, welcher Staat verantwortlich ist. Alle EU-Staaten würden das Prinzip der Einheit der Familie achten, was ebenso ein Aspekt sei. Die ungarischen und österreichischen Behörden würden sich sicher bemühen, den Fall im Sinne der Familieneinheit zu behandeln, hieß es.

Behördenmarathon in Österreich hat begonnen
Ungeachtet der ungelösten Situation mit Ungarn hat am Mittwoch in Oberösterreich der neue Behördenmarathon begonnen. Arigona und ihre Mutter haben ja am Montag einen Asylantrag bewilligt bekommen, ihr Verfahren müsste demnächst beginnen. Anwalt Helmut Blum hat indes für die vier Geschwister Asylanträge eingebracht. Bei den Einvernahmen am Mittwoch mit den beiden Söhnen war Nurie Zogaj nur als Stellvertreterin für die beiden kleineren Geschwister Albin (9) und Albona (8) dabei. Den Kindern sei es "heute nicht so gut gegangen", sie stünden aber auf Abruf bereit, erklärte Betreuer Schörkhuber. Für den ältesten Sohn, Alban (19), rechnet man sich bei der Asylbehörde Chancen aus: Er ist mit einer in Österreich als Flüchtling anerkannten Kosovarin verheiratet.

Harter Gegenwind aus Politik
Am Dienstag, einen Tag nachdem im ORF-Fernsehen rührselige Bilder der Wiedervereinigung zu sehen waren, wehte der Familie ein harter Wind aus der Politik entgegen: Innenministerin Maria Fekter kündigte den Asylsuchenden einen harten Kurs ihrerseits an. "Recht muss Recht bleiben", verlangten auch Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll, die beide "zu 100%" hinter Fekter stehen.

Innenministerin Maria Fekter hat sich am Dienstag erstmals zu den neuen Entwicklungen in dem Fall zu Wort gemeldet und einen harten Kurs angekündigt: Sie glaube nicht, dass die soeben nach Österreich zurückgekehrten Geschwister langfristig in Österreich verbleiben können. Außerdem würde ein "begründeter Verdacht der Schlepperei" bestehen. Fekter sieht nach den sogenannten Dublin-Regeln zudem Ungarn für das Verfahren verantwortlich.

"Es gibt ganz klare Regeln nach Dublin", so Fekter auf die Frage, welches Land für die Geschwister zuständig ist. Die Innenministerin pocht ganz auf die derzeitige Gesetzeslage. "Wir werden in diesem Fall ganz rechtsstaatlich vorgehen." Und weiter: "Wenn man sich illegal in Österreich so lange aufhält, kann man nicht darauf hoffen, dass der Rechtsstaat in die Knie geht." Auch sonst machte Fekter der Familie Zogaj keine Hoffnungen, dass diese langfristig in Österreich verbleiben kann. Deren Wurzeln und "wirtschaftliche Grundlagen" würden nämlich im Kosovo liegen.

Faymann und Pröll "zu 100 Prozent" hinter Fekter
Die Regierungsspitze steht ganz hinter Innenministerin Maria Fekter. "Wir stellen uns zu hundert Prozent hinter die Position der Innenministerin", sagte etwa Vizekanzler Josef Pröll beim Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag. Bundeskanzler Werner Faymann meinte, dass "Recht Recht bleiben müsse". Er kenne allerdings niemanden, der "glücklich mit der Situation ist".

"Keine Regierung wird je eine Regelung vereinbaren, die nicht im Einklang mit dem Rechtsstaat ist", berief sich Faymann auf die derzeitige Gesetzeslage bei Asylverfahren. Das Bedauerliche sei, dass manche Verfahren so lange gedauert hätten, dass nun viele Familien bereits integriert seien. Zufriedenstellend ist für den Bundeskanzler jedenfalls das Thema nicht lösbar, bedauerte er.

Nicht ganz der Ansicht Fekters ist Faymann, was den voraussichtlichen Verbleib der Zogaj-Geschwister in Österreich betrifft. Hier hatte die Innenministerin gemeint, sie glaube nicht an einen längeren Aufenthalt. Faymann: "Mir fehlt eine Unterlage, nach der ich das beurteilen könnte". Was die Zuständigkeit der Verfahren betrifft, verwies Pröll auf das Dublin-Verfahren, "es gibt einen Rechtsrahmen." Die Zogajs hätten in diesem Fall komplett neue Anträge eingebracht, "damit beginnt ein neues Verfahren".

FPÖ: "Schengenerweiterung untauglich"
Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Manfred Haimbuchner fordert in einer Presseaussendung, dass in Anbetracht der Causa Zogaj die Kontrollen an den Grenzen zu den östlichen Nachbarländern wieder aufgenommen werden. Außerdem tritt er für eine "Sicherung sämtlicher Flüchtlingslager europaweit" ein. Der Fall Zogaj stelle die Untauglichkeit der Schengenerweiterung unter Beweis.

Knalleffekt am Montag: Geschwister da, Antrag zugelassen
Am Montag war bekannt geworden, dass sich drei der vier in Ungarn "gestrandeten" Geschwister von Arigona seit Sonntag wieder in Österreich befinden. "Die Ungarn haben ihnen für ihre Flucht Tür und Tor geöffnet", meinte Pfarrer Josef Friedl, der die kosovarische Familie betreute. Gleichzeitig wurde bekannt, dass der letzte Asylantrag von Arigona Zogaj und ihrer Mutter Nurie am Montag zugelassen wurde, ein neues Verfahren muss somit beginnenn. Pikant: Die drei Kinder hätten dadurch eigentlich eine Chance gehabt, legal einreisen zu können.

Pfarrer Friedl sagte, er halte die Entscheidung der Geschwister, illegal ins Land zu reisen, "zwar nicht für gescheit", zeigt aber Verständnis: Im Kosovo hätten sie gar nichts, nicht einmal Strom. Albin (9), Albona (8) sowie einer der beiden älteren Brüder, Alfred (18), flüchteten demnach am Sonntag aus dem Asylwerberheim im ungarischen Debreczin. Dort waren die Geschwister nach einem fehlgeschlagenen Fluchtversuch, der sie per Schlepper vom Kosovo nach Österreich führen sollte, untergebracht worden. Die 500-km-Reise nach Österreich wurde offenbar per Zug zurückgelegt.

Friedl: "Flucht war nicht sehr klug"
Die Volkshilfe Oberösterreich hatte zuletzt um eine Familienzusammenführung via Asylantrag (später auch in Ungarn) und um Schülervisa für die zwei Kleinen gekämpft. Schon die Flu hätte es vermutlich bald auch so klappen können: Der Antrag von Arigona und ihrer Mutter Nurie auf Asyl wurde am Montag nach einer Befragung im Erstaufnahmelager Thalheim nämlich zugelassen. Damit wird kein Asyl gewährt, betonte das Innenministerium am Montag nach divergierenden Medienberichten. Doch beim Bundesasylamt ist dadurch ein reguläres Verfahren anhängig, in dem jetzt (erneut) geklärt werden muss, ob Asylgründe vorliegen. Die bisherigen Anträge waren alle im Namen des Familienvaters erfolgt. Die eigenen Anträge müssen die Behörden erneut bearbeiten.

Bisher waren das 17-jährige Mädchen - Arigona feierte am Montag Geburtstag - und seine Mutter wegen des schlechten Gesundheitszustandes von Nurie Zogaj in Österreich geduldet worden. Flüchtlingsstatus werden die beiden auch mit den neuen Anträgen keinen erhalten. Die Mutter könnte aber wegen ihrer psychischen Erkrankung subsidiären Schutz bekommen, der sich dann auf ihre minderjährigen Kinder erstrecken würde.

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