"Erwachsenen-PISA"

Kinder führen zu schlechteren Ergebnissen

Wissenschaft
09.10.2014 13:51
Menschen mit Kindern haben bei der OECD-Studie "Programme for the International Assessment of Adult Competencies" (PIAAC) in allen Bereichen schlechtere Ergebnisse erzielt als Kinderlose. Das zeigt eine von der Statistik Austria herausgegebene Detailanalyse. Bei der oft als "Erwachsenen-PISA" bezeichneten Studie wurden 16- bis 65-Jährige im Lesen, in Alltagsmathematik und im Problemlösen getestet.

Die ersten Ergebnisse der Studie, deren Fokus auf der Überprüfung von für Beruf und Alltag relevanten Schlüsselkompetenzen liegt, wurden im Oktober 2013 präsentiert. Dabei zeigte sich, dass fast eine Million Menschen in Österreich nur über eine geringe Lesekompetenz verfügen. International schnitten die Österreicher durchschnittlich ab: Im Lesen erreichten sie einen Mittelwert von 269 Punkten, das ist leicht unter dem OECD-Schnitt (273). In der Mathematik kamen sie auf einen Mittelwert von 275 und lagen damit leicht über den OECD-Schnitt (269). Bei PIAAC entspricht ein Unterschied von sieben Punkten einem Bildungsjahr. Beim Problemlösen lagen die Österreich-Werte praktisch genau im Schnitt.

Detailanalyse birgt Überraschungen
In einem Sammelband werden nun Details analysiert - mit zum Teil überraschenden Ergebnissen: So erreichten bei PIAAC Männer zwar in allen drei Kompetenzbereichen bessere Leistungen - im Lesen und im Problemlösen ist der Geschlechterunterschied aber etwa wesentlicher geringer als die Leistungsunterschiede zwischen Kinderlosen und Personen mit Kindern, analysieren Elisabeth Ponocny-Seliger (Gender Research) und Ivo Ponocny (Modul University).

So zeigte sich etwa beim Lesen ein vierfach größerer Unterschied zugunsten der Kinderlosen (16 Punkte) als zwischen Männern und Frauen (vier Punkte), beim Problemlösen war er doppelt so groß (20 Punkte zugunsten der Kinderlosen bzw. neun Punkte zugunsten der Männer). In der Alltagsmathematik sind die Unterschiede (Geschlechter: 13 Punkte; Kinderlose vs. Personen mit Kindern: zwölf Punkte) praktisch gleich groß.

Beim Lesen zeigt sich etwa, dass bis zum Alter von 35 Jahren die Unterschiede zwischen Kinderlosen und Eltern sowohl bei Frauen als auch bei Männern deutlich ausgeprägt sind, bei Frauen noch stärker. Während der Fertilitäts-Unterschied bei den Frauen dann aber bis 65 Jahre bestehen bleibt und nur etwas geringer wird, ist das Bild bei den Männern uneinheitlich: Bei den 45-bis 54-Jährigen überholen die Väter ihre kinderlosen Geschlechtsgenossen, um etwas später wieder leicht hinter diese zurückzufallen.

Rundum-Bedingungen wichtiger als Geschlecht
"In der jüngeren Generation macht es nicht mehr das Geschlecht aus, sondern die Bedingungen rundherum", meinte Ponocny-Seliger. Als Erklärung für die Kompetenzrückstände der Personen mit Kindern führt sie zwei Argumente an: "Einerseits sind Kinder eine riesige Gefahr, aus der Bildungslaufbahn hinausgekickt zu werden. Und Kinder binden Zeit - diese Zeit geht für den Kompetenzerwerb verloren." Wobei man das nicht falsch verstehen dürfe: Durch Kinder erwerbe man durchaus Kompetenzen, aber eben nicht jene, die bei PIAAC abgefragt würden.

Die geringeren Unterschiede zwischen Kinderlosen und Eltern in der älteren Generation erklärt Ponocny-Seliger einerseits damit, dass die Kinder in diesem Alter im Regelfall außer Haus seien, und andererseits mit der unterschiedlichen Sozialisation. Diese Generation habe ein ganz anderes Bildungssystem durchlaufen und sei etwa nicht unter dem ständigen Druck zur Fortbildung gestanden.

In anderen Staaten ergibt sich ein unterschiedliches Bild: Bis zum Alter von 35 Jahren haben zwar auch in Frankreich die Kinderlosen die Nase vorn. Bereits mit 35 Jahren nivellieren sich aber die Unterschiede, bei den Älteren erzielen dann sogar die Personen mit Kindern höhere Werte. Ähnlich ist die Lage in Finnland, wo zwar junge Frauen mit Kindern leistungsmäßig massiv abfallen, ab ca. 45 Jahren aber keine Geschlechter- oder Fertilitätseffekte mehr zu verzeichnen sind.

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