Künstliche Alterung

Japaner macht billigen Fusel zum Top-Wein

Wissenschaft
23.02.2006 13:02
Ein altes Sprichwort sagt: „Alter Wein und junge Weiber, das sind die besten Zeitvertreiber!“ Nicht nur weil sie ziemlich chauvinistisch klingt, sondern auch aus einem anderen Grund gehört diese Weisheit der Vergangenheit an: Wein muss nicht mehr alt sein, um alt zu schmecken. Wie das geht, das zeigt ein Japaner, der mit einem gewagten Verfahren jeden Jungwein zum gediegenen Kellerjuwel macht und damit jeden traditionellen Winzer alt aussehen lässt.

Mit klobigen Eichenfässern hantieren, über Jahrzehnte liebevoll die angestaubten Weinflaschen drehen und wenden; für solche „Scherze“ hat Hiroshi Tanaka keine Zeit. Er macht sich seinen „68er Merlot“ oder seinen „71er Chardonnay Barrique“ lieber selber. Und zwar in Sekundenschnelle. Mit einem speziellen Elektrolyse-Verfahren gelingt es ihm, ein komplexes Geschmacks- und Geruchsbouquet mithilfe weniger „Elektro-Schocks“ in einen erst wenige Monate jungen Wein zu zaubern, um ihn selbst im kundigen Gaumen wie einen antiken Tropfen schmecken zu lassen.

Der Strom macht's aus!
Denn eigentlich ist Herr Tanaka ja Wissenschaftler und kein Weinbauer. Deswegen sieht er die Dinge eher von der effizienten Seite. Mit einer futuristischen Maschine, die wie ein nackiger Espresso-Automat aussieht, jagt er kurze Stromstöße durch x-beliebigen Wein von minderer Qualität.

Die wenigen Volts reichen aus, um geschlossene Wassermolekülgruppen aufzuspalten, damit sie sich mit den Alkoholmolekülen verbinden. Durch diese chemische Reaktion erhält der Wein in wenigen Sekunden eine vielschichtige Geschmacksnote, die er nach Angaben des Wissenschaftlers erst nach Jahren guter Lagerung entwickeln würde.

Schummler sind nicht immer gern gesehen
Mit seiner Firma „Innovative Design and Technology“ hat Hiroshi Tanaka den elektrischen Wein-Veredler bereits patentieren lassen. Es hätten sich auch schon Interessenten gemeldet. Kein Wunder, wenn der Apparat wirklich so funktioniert, wie Tanaka es der AP-Presseagentur vorführte: Teures Geld für Eichenfässer und jahrelanges, unbezahltes Warten auf das fertige Produkt würden damit gänzlich wegfallen.

Mit der Elektrolyse-Therapie könnte jedermann billigen Wein gewinnbringend auf Hochglanz bügeln. Deshalb ist die Skepsis unter renommierten Winzern groß und der Protest aus der Riege der weltweiten Top-Winzer laut und wüst. Im Weinland Italien jedenfalls erteilte man Tanaka eine gehörige Abfuhr als er seinen Schummel-Apparat präsentieren wollte.


Foto: AP

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