Wiederaufnahme

Bringt neues Gutachten Wende im Fall Bakary J.?

Österreich
10.11.2014 14:23
Im Fall Bakary J. sind bei einer Pressekonferenz am Montag Details zu Widersprüchen und zum Wiederaufnahmeantrag des Verfahrens mit den verurteilten ehemaligen WEGA-Polizisten bekannt gegeben worden. Dabei stand die Augenverletzung des Gambiers im Mittelpunkt. So kommt ein Facharzt für Chirurgie zu dem Schluss, dass die Verletzungen auf einem veröffentlichten Foto nicht mit der offiziellen Dokumentation des Falles übereinstimmen. Ob der Fall neu aufgerollt wird, muss nun ein Einzelrichter des Wiener Staflandesgerichts entscheiden.

Die drei Polizisten waren wegen Quälens eines Gefangenen verurteilt worden, nachdem sie am 7. April 2006 den gebürtigen Gambier Bakary J. in einer Lagerhalle schwerst misshandelt hatten, weil er sich zuvor so heftig gegen seine Abschiebung nach Gambia gewehrt hatte, dass ihn der Pilot eines Passagierflugzeuges nicht mitnahm. Die Blutergüsse könnten nicht an diesem Tag (dem 7. April 2006, Anm.) entstanden sein, sagte der pensionierte Chirurg Georg Kobinia am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Fall Bakary J.: Glauben Sie die bisher offizielle Version? Voting in der Infobox!

Im AKH wurde, wie Kobinia darlegte, neben Prellungen von Schulter und Hüfte sowie einer Zerrung der Halswirbelsäule eine Prellmarke oberhalb eines Auges im Ausmaß von zwei Zentimetern samt Abschürfung diagnostiziert.

Chirurg ortet "Ungereimtheiten"
Erst am 11. Mai wurde dann bei dem gebürtigen Gambier eine Fraktur diagnostiziert, die vom Stirnbein über das Joch- und Nasenbein verlief und nach Darstellung Kobinias binnen 24 Stunden, wahrscheinlich aber schon früher, zu einem Bluterguss hätte führen müssen. Ein solcher sei in den folgenden Tagen aber nicht dokumentiert. Der Chirurg, der für sein Gutachten nach eigenen Angaben den damaligen Klinikbefund durchgelesen und mit Augenärzten besprochen hat, ortet "Ungereimtheiten".

Alle Unterlagen und Gutachten zum Fall Bakary J. finden Sie hier.

Sturz als Grund für schwere Verletzung
Zwei der beschuldigten Polizisten waren beim Pressegespräch anwesend und wiesen jegliche Foltervorwürfe von sich. Bakary J. habe am Weg ins Polizeianhaltezetrum (PAZ) im Wagen randaliert. Daraufhin sei man zu der Lagerhalle gefahren, um ihm dort Handfesseln anzulegen. Während der Fahrt sei das zu gefährlich gewesen. Zu Übergriffen sei es dort nicht gekommen, beteuerten die zwei früheren Beamten und widerriefen damit ihr früheres Geständnis. Auf dem weiteren Rückweg und bereits in unmittelbarer Nähe zum PAZ am Hernalser Gürtel habe J. zu entkommen versucht und sei vom Fahrer erwischt worden, wobei beide "relativ heftig" zu Sturz kamen.

Geständnis wegen "medialer Hetze"
Als Begründung für die seinerzeit abgelegten Geständnisse, die sie mittlerweile widerrufen haben, nannten die Beamten "mediale Hetze" und Vorverurteilung, Angst vor dem Amtsverlust und psychischen Druck. Außerdem sei ihnen in Aussicht gestellt worden, dass sie mit einem Geständnis Chancen auf eine milde Bestrafung hätten, die ihnen die Ausübung einer weiteren Tätigkeit im Polizeidienst ermöglichen würde.

Die Beschuldigten seien mit ihrer Version der Geschichte erst jetzt - acht Jahre nach dem Vorfall - an die Öffentlichkeit gegangen, weil Bakary J. nun eine "untragbare Geldforderung" stelle. Außerdem würden die ehemaligen Polizisten Rehabilitierung anstreben, da sie "den Job immer gern gemacht" hätten.

Anwältin: "Exorbitante Schadenersatzforderungen"
Maria Zehetbauer, die Rechtsvertreterin der drei Verurteilten, wies auf "exorbitante Schadenersatzforderungen" hin, die auf die Beamten zukämen. 110.000 Euro habe das Innenministerium als A-Konto-Zahlung geleistet. "Es ist aber nicht klar, welche Schäden damit entschädigt werden sollen", sagte Zehetbauer. Seit mehr als einem Jahr sei dazu ein Regressverfahren am Arbeits- und Sozialgericht anhängig. Weitere 385.000 Euro habe Bakary J. von der Republik eingeklagt.

Über den Wiederaufnahmeantrag der drei Ex-Polizisten muss nun ein Einzelrichter des Wiener Straflandesgerichts entscheiden. Wann dieser Beschluss fallen wird, sei "derzeit nicht vorhersehbar", so Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Montag. Zehetbauer habe noch Anfang November ihrem ursprünglichen Antrag weitere Ergänzungen beigefügt. Das gesamte Konvolut befindet sich derzeit bei der Staatsanwaltschaft Wien, die dazu eine Stellungnahme verfassen kann. Danach wird das Wiederaufnahmebegehren einem Richter zur Prüfung übermittelt.

Entscheidung über Wiederaufnahme wohl erst 2015
Dieser hat die Wiederaufnahme gemäß der Strafprozessordnung dann zu genehmigen, wenn der Antrag "neue Tatsachen" erhellt oder bisher nicht bekannte Beweismittel liefert, "die geeignet erscheinen, eine Freisprechung oder mildere Verurteilung zu begründen", so das Gericht. Justizkenner gehen davon aus, dass sich die Frage, ob das Strafverfahren gegen die Ex-Polizisten tatsächlich neu aufgerollt wird, erst im kommenden Jahr klären wird.

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