Aus Traiskirchen

Länder müssen 1.000 Asylwerber aufnehmen

Österreich
23.10.2012 18:33
Die Bundesländer werden bis Ende November 1.000 Asylwerber aus dem Erstaufnahmezentrum Traiskirchen in Niederösterreich aufnehmen. Das wurde am Dienstag beim Asylgipfel zwischen Bundesregierung und Ländervertretern im Kanzleramt vereinbart. Ziel ist es, dass die Länder Privatquartiere schaffen. Sollte dies nicht überall möglich sein, so wird der Bund aushelfen, zum Beispiel mit Kasernen. Die meisten der Traiskirchner Flüchtlinge werden nach Oberösterreich und Salzburg gebracht, wo die Aufnahmequoten derzeit bei Weitem nicht erfüllt sind.

Verteilt werden sollen die 1.000 Asylwerber entsprechend der bereits bestehenden Quote. Per Memorandum haben sich die Bundesländer konkret dazu verpflichtet, ihre Quoten zumindest zu 88 Prozent zu erfüllen. Das bedeutet, dass das Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg bis 30. November ihre Rückstände reduzieren und Quartiere für Asylwerber schaffen müssen. 780 Asylwerber werden dann auf diese sechs Länder verteilt.

OÖ und Salzburg haben größten Nachholbedarf
Oberösterreich soll 250 Personen übernehmen, weil das Land mit einem Rückstand von 650 am weitesten von der 88-prozentigen Quotenerfüllung entfernt ist. Salzburg soll seinen Rückstand von 320 auf zumindest 150 abbauen, was 170 zusätzliche Aufnahmen bedeutet. Kärnten muss laut dem Papier 150, Tirol 110, Vorarlberg 80 und das Burgenland 20 Asylwerber mehr übernehmen, um das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen zu entlasten.

Die verbleibenden 220 Flüchtlinge sollen dann auf Quartiere in Wien, Niederösterreich und der Steiermark aufgeteilt werden. Da dort die Quoten derzeit zu 95 (Steiermark) bzw. 100 Prozent erfüllt sind, wird im Memorandum keine Zahl vorgegeben, sondern nur festgehalten, dass diese Länder "im Sinne der gesamtstaatlichen Aufgabe und Verpflichtung der Unterbringung und Versorgung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden […] weiterhin verstärkt zur Entlastung der Betreuungsstellen durch Übernahmen beitragen" werden.

Im Notfall Container und Kasernen als Quartiere
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner betonte, das Ziel sei, dass die Länder aus eigener Kraft Privatquartiere für die aus Traiskirchen zu übernehmenden 1.000 Asylwerber aufstellen. Nur dort, wo es notwendig ist, werde es Unterstützung des Bundes geben.

Neben einer Öffnung von (stillgelegten) Kasernen könnten auch Container - ähnlich wie für Schulen oder Kindergärten bei einer baubedingten Umsiedelung - aufgestellt werden. Diese Quartiere sollten aber dann aber trotzdem nur eine Übergangslösung sein. Die Länder würden damit nicht aus der Pflicht genommen, entsprechend viele Privatquartiere zu schaffen. Eventuellen Bedarf für Hilfe des Bundes sieht die Ressortchefin in Salzburg und Oberösterreich.

Regierungsspitze zufrieden
Die Regierungsspitze zeigte sich mit der Einigung zufrieden. Bundeskanzler Werner Faymann sprach von einer gemeinsamen Lösung. Man werde das Problem gemeinsam bewerkstelligen, dies sei mit dem Memorandum gewährleistet. Faymann zeigte sich insbesondere erfreut darüber, dass man sich nicht nur auf Allgemeinplätze verständigt hat, sondern dass man auch einen konkreten Termin und konkrete Maßnahmen festgeschrieben habe.

Vizekanzler Michael Spindelegger sagte: "Wir haben ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann." Man werde nun bis Ende November Fakten schaffen. Das konkrete Ziel laute, bis Ende November "mit Traiskirchen ins Reine zu kommen". Er verwies darauf, dass der Flüchtlingsstrom nicht abreisen werde, vor allem aufgrund der Lage im Nahen Osten.

Pröll: "Ein ganz großer Schritt"
Auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll zeigte sich mit der Einigung zufrieden. Er bezeichnete die Vereinbarung als "ganz großen Schritt in die richtige Richtung". Aus niederösterreichischer Sicht sei wichtig, dass man auf deutlich unter 1.000 Flüchtlinge komme. Pröll selbst rechnet mit dem Verbleib von 700 bis 800 Asylwerbern in Niederösterreich.

"Ich werde mir das minutiös anschauen", ist der Landeshauptmann allerdings noch ein wenig skeptisch, wie die Vereinbarung mit den anderen Bundesländern eingehalten wird. Er erhofft sich vor allem eine Entlastung des Erstaufnahmezentrums in Traiskirchen. Diese müsse vor den Wintermonaten geschehen, um für die Asylwerber ein "menschenwürdiges Leben" zu ermöglichen.

Dörfler: "Es wird nicht einfach sein"
Für den Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler ist die gefundene Lösung realisierbar. Allerdings: "Es wird nicht einfach sein." Kärnten hat sich verpflichtet, bis Ende November 150 Asylwerber mehr aufzunehmen, um die Quote zu erfüllen. Geprüft werde derzeit auch, ob eine Kaserne als Unterbringungsmöglichkeit infrage kommt.

Für Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl ist es wichtig, dass sich alle Bundesländer solidarisch zeigen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass man dies schaffen werde.

Bürgermeister: Ist-Zustand "traurig für Österreich"
Traiskirchens Bürgermeister Fritz Knotzer hofft nach der Vereinbarung auf Nachhaltigkeit. "Wichtig ist es, dass die Solidarität der säumigen Bundesländer diesmalig eine nachhaltige ist und dass die getroffenen Vereinbarungen nicht wiederum nach kurzer Zeit oder vor diversen Wahlkämpfen negiert werden", so Knotzer. Dies sei nämlich schon zu oft der Fall gewesen.

Er werde die kommenden Entwicklungen jedenfalls genau beobachten. Seine Stadt sei seit Jahrzehnten bereit, für die Republik seinen solidarischen Beitrag im Asylwesen zu leisten, so Knotzer. Ein solches "Massenlager", wie es sich jetzt im völlig überfüllten Erstaufnahmezentrum darbiete, sei menschlich und politisch "traurig für Österreich und völlig inakzeptabel".

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