Bürgerrechtsikone:

“USA in Obama-Ära nicht weniger rassistisch”

Ausland
06.10.2015 07:23
Mit Barack Obama ist zum ersten Mal in der US-Geschichte ein Afroamerikaner Präsident. Doch die jüngsten Beispiele erschreckender Polizeigewalt gegen Schwarze sind ein klares Zeichen, dass es auch im Obama-Zeitalter nicht weniger Diskriminierung gebe, ist die prominente US-Aktivistin Angela Davis überzeugt. "Die Ereignisse während der Amtszeit Obamas stehen im kompletten Widerspruch zu der Idee, dass es nun weniger Rassismus gibt, nur weil eine schwarze Person im Weißen Haus sitzt", so Davis bei einem Besuch in Wien.

Die Ikone der US-Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre erklärte, dass die Kämpfe ihrer Jugend keinesfalls beendet seien. Sie verwies auf Gewalttaten an Schwarzen durch die Polizei, wie etwa die Tötung des unbewaffneten Teenagers Michael Brown in der Kleinstadt Ferguson und ähnliche Vorfälle in den vergangenen Monaten und Jahren. "Rassistische Gewalt durch den Staat gibt es seit der Zeit der Sklaverei", sagte Davis vor einem Vortrag anlässlich des 650-Jahre-Jubiläums der Universität Wien.

Zugleich strich die Bürgerrechtlerin die Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte hervor. "Als ich mich zu engagieren begann, gab es noch Rassentrennung per Gesetz", sagte Davis. Diese Barrieren seien eingerissen worden und die Bürgerrechtsbewegung von damals habe triumphiert.

Viele Schwarze mit zu langen Haftstrafen
Heute gehe es darum, die Folgen der sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung der Afroamerikaner und repressiver Praktiken des Staates anzusprechen, sagte Davis. Es gebe zunehmend Besorgnis über die Militarisierung der Polizei und den "Gefängnis-Industrie-Komplex", in dem private Wirtschaftsinteressen Anreize für den Staaten schaffen, überdurchschnittlich viele Schwarze zu langen Haftstrafen zu verurteilen.

Davis lobte neue Bewegungen wie "Black Lives Matter", die gegen rassistische Polizeigewalt protestieren. Die historischen Vorbilder und die Ausdauer der Protestbewegung in Ferguson und anderen Orten habe es möglich gemacht, die Öffentlichkeit aufzurütteln und das Thema in den Medien zu halten. "Wir sind in der Lage, staatliche Gewalt zu verstehen und uns in einer Weise zu widersetzen, wie es vor 40 oder vor 100 Jahren nicht möglich war", sagte die Aktivistin.

Rolling Stones widmeten Davis "Sweet Black Angel"
Die heute 71-jährige Davis engagierte sich ab den 1960er-Jahren für die US-Kommunisten und die Black Panther Party. Ihre Flucht und Inhaftierung nach Vorwürfen, sie habe bei einer politisch motivierten Schießerei mit Todesopfern in einem Gerichtssaal in Kalifornien Beihilfe geleistet, machten sie weltweit zur Ikone von Aktivisten. Die Rolling Stones widmeten ihr den Song "Sweet Black Angel". Sie engagiert sich bis heute als Wissenschaftlerin und Aktivistin gegen die Unterdrückung.

Am Dienstagabend spricht Davis auf Einladung von Nationalratspräsidentin Doris Bures im Parlament.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele