Ana hat immer des Bummerl. In Sunset City sind dies die Bewohner, die nicht von Overcharge Delerium XT getrunken haben und fortan in der vom Energydrink-Hersteller Fizzco unter Quarantäne gestellten Stadt um ihr Überleben kämpfen – darunter auch der/die namenlose Held/in des Spiels. Mit klassischem Survival-Horror hat "Sunset Overdrive" jedoch nichts am Hut. Der Titel aus dem Hause Insomniac Games ("Ratchet & Clank", "Resistance") weckt vielmehr Erinnerungen an Superhelden-Games wie "InFamous", "Prototype" oder "Crackdown" – ohne sich dabei jedoch allzu ernst zu nehmen.
Das wird bereits beim Erstellen des Helden-Konterfeis und seines Outfits deutlich, erstreckt sich über die ebenso liebenswerten wie schrulligen Charaktere sowie das humorige Waffen- und Leveldesign und endet bei einer Stimme aus dem Off, die gängige Spieleklischees persifliert und dem Gamer damit immer wieder die ganze Absurdität seines Handelns vor Augen hält. Großartig.
Eine ganze Stadt als Spielplatz
Wesentlich im Kampf ums Überleben sind neben Waffen wie der Teddybär-Kanone oder dem Schallplatten-MG vor allem zwei Dinge: das "Bouncen" und das "Grinden": Autos, Büsche, Lüftungsschächte und andere Objekte verwandeln sich in Trampoline, während Stromleitungen, Geländer, Leisten und Kanten eine bequeme und vor allem schnelle Fortbewegung von A nach B wie auf Schienen ermöglichen.
Hat man erst einmal raus, wie man hüpft und rutscht, verwandelt sich die Stadt alsbald in einen gigantischen Spielplatz, der allerlei Attraktionen zu bieten hat: Neben der Hauptstory, welche die Flucht aus der Quarantänezone zum Ziel hat, wartet "Sunset Overdrive" mit Dutzenden Nebenmissionen auf, in denen man zumeist den ODs genannten Mutanten, Plünderer-Banden oder von Fizzco zur Einhaltung der Quarantäne abbestellten Robotern in die Quere kommt.
Daneben wartet das Spiel mit einer Vielzahl unterschiedlichster Herausforderungen auf: Wettrennen, sowohl "bouncend" als auch "grindend", Liefermissionen und dergleichen mehr locken mit Geld und anderen Belohnungen wie etwa neuen Outfits, Waffen oder sogenannten Amps.
Alles total individuell
Mittels Letzterer lassen sich Fähigkeiten, aber auch Waffen etwa hinsichtlich ihrer Schadenswirkung verbessern. Wie viele dieser Amps sich an einer Waffe anbringen lassen, ist wiederum von der Stufe einer Waffe verantwortlich, welche wiederum von deren Gebrauch abhängt: Je mehr mit einer Kanone geballert wird, umso tödlicher wird diese. Da jedoch nicht alle Waffen gleichermaßen zur Bekämpfung der drei Gegnerarten taugen, heißt es, häufig zwischen den Schießprügeln hin- und herzuwechseln.
Auch Sprünge, Grinds, Nahkämpfe und andere Fertigkeiten werden durch ihre aktive Nutzung im Laufe des Spiels besser und können durch sogenannte Overdrive-Upgrades weiter angepasst werden. Sechs dieser Overdrives lassen sich in Summe ausrüsten und erlauben so eine individuelle Anpassung des Charakters an die eigenen Spielgewohnheiten.
Wer steht, verliert
Voraussetzung für den schnellen Spielerfolg ist jedoch der nötige "Style": Erst durch die Kombination von Schusswaffengebrach mit Sprüngen bzw. Grinds schnellt das Punktekonto richtig nach oben und entfalten Angriffe ihre volle Wirkung. Für den Spieler bedeutet dies, immer in Bewegung zu bleiben. Wer stillsteht, wird ohnehin meist schneller von den Gegnerhorden überrannt, als ihm lieb ist.
Überrannt wird übrigens auch, wer sich auf die sogenannten Nachtverteidigungen nicht richtig vorbereitet. In diesem speziellen Herausforderungsmodus gilt es, die eigene Basis gegen mehrere Angriffswellen von ODs zu verteidigen. Unterstützung erhält man dabei von Fallen, die zuvor jedoch an strategisch günstigen Positionen platziert werden müssen. Als Lohn für die Mühen winken Geld und andere Belohnungen wie zum Beispiel Amps.
Chaos für zwei bis acht Spieler
Eine zentrale Rolle nimmt die Nachtverteidigung auch im Online-Multiplayer, dem sogenannten Chaos-Squad-Modus ein. In diesem missionsbasierten Modus kämpfen zwei bis acht Spieler Seite an Seite – um was bzw. wie viel, legen sie zu Beginn selbst fest. Wer viel wagt, gewinnt möglicherweise auch viel. Wer hingegen auf Nummer sicher gehen möchte, wählt das Risiko geringer. Die Prämie ist dann zwar nicht gar so hoch, dafür steigen die Chancen auf einen Erfolg an sich.
Technisch sauber
In technischer Hinsicht haben die Entwickler von Insomniac Games ihre Hausaufgaben gemacht: Die Stadt ist ebenso bunt wie abwechslungsreich und voller geheimer und versteckter Plätze, die zur Erkundung einladen. Trotz der Größe von Sunset City, der vielen Details und der in der Regel nur gehäuft auftretenden Gegner lief das Spiel im Test stets ruckelfrei. Auch die Charaktere überzeugen: Sie sind nicht nur besonders detailliert gerendert, sondern wissen auch durch ihren oftmals einzigartigen Humor, der in zahlreichen Dialogen zum Ausdruck kommt, zu gefallen. Steuerung und Kamera leisten sich ebenfalls keinerlei Ausfälle und sorgen somit für einen unterm Strich rundum zufriedenstellenden Spielspaß ohne Frustrationen.
Fazit: Auf einer Spaßskala von eins bis zehn ist "Sunset Overdrive" eine glatte Elf: Der Titel bietet Action ohne Ende, reichlich Abwechslung, großartigen Humor, eine tolle, weil einfache Steuerung und vielfältige Individualisierungsmöglichkeiten - und das alles relativ stressfrei und unkompliziert. Denn welcher Tätigkeit man in Sunset City nachgeht, bleibt einem letztlich selbst überlassen - zu entdecken gibt es schließlich auch ohne aktive Mission genug. Und sollte man dennoch an einer Stelle einmal scheitern, geht man einfach einer anderen Aufgabe nach. Das ist auch der Grund, weshalb wir uns auf dem virtuellen Spielplatz für Erwachsene mit Sicherheit noch lange austoben werden.
Plattform: Xbox One
Publisher: Microsoft
krone.at-Wertung: 9/10
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