Prozess in Wien

23-facher Mordversuch: Angeklagter leugnet alles

Österreich
08.11.2017 14:15

Jener 56-jährige Mieter, der am 26. Jänner seine Wohnung in Wien-Hernals vorsätzlich in die Luft gesprengt haben soll, hat am Mittwoch vor einem Schwurgericht seine Schuldlosigkeit beteuert. Er habe mit der Explosion nichts zu tun gehabt und könne sich diese nicht erklären, betonte der Angeklagte, dem Mord - der Hausverwalter wurde bei der Tragödie getötet - und 23-facher Mordversuch vorgeworfen werden.

Der Mann soll laut Anklage aus Rache gehandelt haben, weil der Hausverwalter - ein 64 Jahre alter Rechtsanwalt, der auf Liegenschaftsrecht und die Verwaltung von Zinshäusern spezialisiert war - wegen offener Mietrückstände seine Delogierung betrieben hatte.

Hat sich ungerecht behandelt gefühlt
Laut Anklage montierte der 56-Jährige kurzerhand den Gaszähler in seiner Wohnung ab, drehte das Gasleitungsventil auf und ließ Gas ausströmen. "Er hat sich ungerecht behandelt gefühlt. Er hat beschlossen, er wird die Wohnung nicht verlassen, er wird seine Wohnung in die Luft sprengen", stellte die Anklägerin fest. Als er in der Früh Geräusche an der Tür hörte, habe der Angeklagte das Gas-Luft-Gemisch gezündet.

56-Jähriger wurde ins Freie geschleudert
Dabei dürfte der Mieter - folgt man der Anklage - seinen eigenen Tod mit in Kauf genommen haben. Während der Hausverwalter starb, wurde der Angeklagte aus seiner ebenerdig gelegenen Wohnung durch das weggerissene Fenster ins Freie geschleudert und dabei schwer verletzt. Auf Krücken gestützt schleppte er sich am Mittwoch in den Gerichtssaal. Während der Verhandlung erschienen zwei Krankenschwestern der Justizanstalt, wo sich der 56-Jährige in U-Haft befindet, und versorgten diesen mit Schmerztabletten.

"Verkettung unglücklicher Umstände"
Seine Rechtsvertreterin führte die Explosion auf eine "Verkettung unglücklicher Umstände" zurück. Ihr Mandant habe "niemandem ein Leid antun wollen", versicherte sie. Schon länger sei in dessen Wohnung Gas ausgeströmt. Der 56-Jährige habe den Schaden aus Geldmangel selbst beheben wollen und daher den Gaszähler abmontiert. Der Gaszähler sei ursprünglich "falsch" installiert worden, Dichtungen hätten gefehlt, meinte die Verteidigerin.

Der 56-Jährige, der abgesehen von finanziellen Zuwendungen seiner 78 Jahre alten Mutter über keine finanziellen Mittel verfügte, habe immer alles in Eigenregie erledigt. "Er hat keinen Gashahn manipuliert, kein Gasventil aufgedreht", bekräftigte die Verteidigerin.

Explosion kam laut Angeklagten völlig überraschend
Der Angeklagte behauptete in seiner anschließenden Einvernahme, er sei von der Explosion völlig überrascht worden. Ihm sei seit Monaten aufgrund der offenbar lecken Gasleitung immer schlecht geworden. Auf Vorhalt der vorsitzenden Richterin, dass er den Erhebungen zufolge doch seit Monaten weder Strom noch Gas bezog, erwiderte der Angeklagte: "Das stimmt nicht." Er habe unmittelbar vor der Detonation ferngeschaut, ein Heizstrahler sei eingeschaltet, der Kühlschrank und der Gasherd seien in Betrieb gewesen. Möglicherweise sei es aufgrund des Funkenflugs zur Explosion gekommen.

Zurechnungsfähigkeit war zum Tatzeitpunkt gegeben
Von Bedeutung ist außerdem der Auftritt von Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer, der den Angeklagten im Ermittlungsverfahren untersucht hat. Er bescheinigt dem Mann eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Die Diskretionsfähigkeit des Angeklagten ist laut Dantendorfer "noch erhalten", die Dispositionsfähigkeit "herabgemindert". Im Tatzeitpunkt war dem Gutachter zufolge Zurechnungsfähigkeit und damit Schuldfähigkeit gegeben. Die Verhandlung wird am 28. November fortgesetzt.

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