"B.J." kehrt zurück

Nicht totzukriegen: “Wolfenstein: The New Order”

Spiele
20.05.2014 06:01
Sie sind einfach nicht totzukriegen. Zum bereits fünften Mal muss US-Soldat William "B.J." Blazkowicz daher ausrücken, um die Schreckensherrschaft der Nazis, Verzeihung: des Regimes, wie es in der deutschsprachigen Version von "Wolfenstein: The New Order" heißt, zu beenden. krone.at hat die aufregende Schlacht bereits hinter sich gebracht und verrät, warum die "Mutter aller Ego-Shooter" auch 20 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen noch zu begeistern weiß.

Der Grat zwischen Sieg und Niederlage ist ein schmaler, wie US-Soldat Blazkowicz nach dem Aufwachen aus einem jahrelangen Koma feststellen muss. Der sicher geglaubte Sieg über das Regime blieb den Alliierten verwehrt, stattdessen regiert Ersteres im Jahr 1960 über die gesamte Welt – und sogar darüber hinaus. Nicht gewillt, sein Leben in Knechtschaft zu verbringen, macht sich Blazkowicz daran, den Widerstand zu finden und den Lauf der Geschichte zu verändern.

Sex, Rock 'n' Roll und LSD
Diese gibt sich 20 Jahre nach dem ersten "Wolfenstein" in "The New Order" überraschend vielseitig: Immer wieder weicht die an sich stumpfe Ballerei nachdenklichen, fast poetischen Momenten, die hinter die Gefühlsfassade Blazkowicz' blicken lassen. Denn unter der harten Schale steckt ein weicher Kern, der sich nach einem trauten Heim und einer Familie sehnt. Die Liebe (Sexszene inklusive) nimmt daher, für einen Ego-Shooter eher ungewöhnlich, neben der Kritik an den perversen Auswüchsen des Krieges und seiner Schrecken in den zahlreichen Zwischensequenzen des Spiels eine zentrale Rolle ein.

Aber auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn beispielsweise B.J. einen LSD-Trip fährt oder sich zum Schlafen bettet, um dann in der Mutter aller Ego-Shooter, "Wolfenstein 3D", aufzuwachen. Alles in allem gelingt es den schwedischen Entwicklern von MachineGames dadurch, die Figur des Blazkowicz mit Leben zu füllen und somit letztlich auch glaubwürdig erscheinen zu lassen. Erfreulich ist außerdem, dass die Macher im Gegensatz zu so manch anderer Genrekonkurrenz auf verhältnismäßig leise Töne setzen. Zwar explodiert auch hier immer noch reichlich, aber als Spieler wird man nicht ohne Unterlass von einem Action-Höhepunkt zum nächsten geschickt, wovon die Dramaturgie unterm Strich nur profitiert.

Für Brachialos wie Taktierer gleichermaßen geeignet
So vielschichtig wie die Persönlichkeit des Protagonisten erweist sich schließlich auch das Gameplay, sind prinzipiell doch immer zwei Herangehensweisen an die Aufgaben möglich. Draufgänger können sich mit aller Waffengewalt ins Getümmel stürzen und den Weg geradewegs durch die Mitte suchen, müssen dann aber aufgrund erhöhter Alarmbereitschaft auch mit größerer Gegenwehr rechnen. Einziges Ärgernis dabei: Munition und Rüstungsteile müssen stets mühsam, nämlich einzeln, vom Schlachtfeld aufgeklaubt werden.

Wer es taktischer angehen möchte, kann die Knarren, von denen sich zwei gleichzeitig führen lassen, aber auch stecken lassen und auf leisen Sohlen hinterrücks meuchelnd durch die weitläufig angelegten Levels schleichen. Je nach Vorgehensweise, also aggressiv oder heimlich, ergeben sich im Verlauf unterschiedliche Vorteile für die einzelnen Spielstile und ihre dazugehörigen Waffen.

Ein Werkezeug ist allerdings stets mit von der Partie: der Laserschneider. Mit ihm kann sich Blazkowicz beispielsweise durch verschlossene Türen und Lüftungsschachteingänge schweißen, um an Munition, Rüstungsteile oder Sammelgegenstände zu gelangen. Oder er macht davon Gebrauch, um kleinere Puzzles zu lösen. Für zusätzliche Abwechslung sorgt das Setting: Neben den klassischen Regime-Hochburgen aus Beton und Stahl wartet "Wolfenstein: The New Order" mit einer Vielzahl origineller Schauplätze sowohl auf als auch über und unter Lande auf.

Könnte hübscher aussehen, klingt aber großartig
Angesichts dieses gelungenen Rundumpakets ist es zu verschmerzen, dass der Titel mit Ausnahme einiger erst freizuspielender Bonusmodi und Extras wie Artworks oder Songs außer der Kampagne nichts zu bieten hat, also auch keinen Mehrspieler-Modus. Mehr erwartet hatten wir uns allerdings von der Optik. "Wolfenstein: The New Order" konnte sich im Test auf der Xbox One zwar sehen lassen, wäre mit der gebotenen Detailvielfalt aber auch auf der Vorgängerkonsole zu verwirklichen gewesen.

Echtes NextGen-Feeling will sich also bei genauerem Hinsehen nicht einstellen. Was "Wolfenstein" zum Teil an Texturen fehlt, macht der Titel allerdings akustisch mit einem überaus stimmungsvollen, humorigen Soundtrack (siehe Video oben) sowie überzeugenden Synchronsprechern wieder wett.

Fazit: Die Entwickler taten gut daran, vermehrtes Augenmerk auf die Story von "Wolfenstein: The New Order" und ihre Charaktere zu legen. Im Gegensatz zum vergleichsweise entbehrlichen Vorgänger aus dem Jahr 2009 gibt sich der jüngste Ableger der ebenso erfolgreichen wie umstrittenen Serie im positiven Sinne zurückhaltend und lässt inmitten der bleihaltigen Action immer wieder Platz für Ruhe und Gefühle, wodurch die Hintergründe für Blazkowicz' Handeln letztlich plausibel und glaubwürdig erscheinen. Am Ende ist zwar auch B.J. nur eine Shooter-typische Ein-Mann-Armee, auf großen Pathos und Patriotismus wird jedoch erfreulicherweise verzichtet. Kurzum: ein geradliniger und ehrlicher Shooter für all jene, die von der nach Aufmerksamkeit heischenden Daueraction eines "Call of Duty" genug haben oder eine Auszeit davon brauchen. Weniger ist eben manchmal mehr.

Plattform: Xbox One (getestet), Xbox 360, PS4, PS3, PC
Publisher: Bethesda Softworks
krone.at-Wertung: 8/10

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