Triumph für Moskau

Gasrabatte und Kredite: Putin “kauft” sich Ukraine

Ausland
17.12.2013 17:43
Während in der Hauptstadt Kiew weiterhin die Massen für einen pro-europäischen Kurs der Ukraine demonstrieren, hat sich der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag die nahezu bankrotte Ex-Sowjetrepublik quasi "gekauft". Der Kreml-Chef vereinbarte mit Präsident Viktor Janukowitsch einen Milliarden-Kredit, der das Land vor der Staatspleite bewahren könnte, und satte Rabatte beim Gaspreis. Die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko warnte vor dem "Anfang vom Ende" der Unabhängigkeit des Landes.

Die Ukraine zahle an den Staatskonzern Gazprom künftig nur noch 268,50 US-Dollar (etwa 195 Euro) pro 1.000 Kubikmeter Gas und damit erheblich weniger als der Westen, sagte Putin Agenturen zufolge nach dem Treffen mit Janukowitsch in Moskau. Bisher lag der Preis bei 430 US-Dollar. Der ukrainische Vize-Regierungschef Juri Boiko ergänzte, der neue Gaspreis gelte vom 1. Jänner 2014 an. Die Ukraine als wichtiges Transitland für russische Gaslieferungen in die EU zahlt bisher höhere Preise als die meisten EU-Staaten.

Zudem kaufe ein russischer Staatsfonds ukrainische Staatsanleihen, so Putin weiter. "Mit dem Ziel der Unterstützung des Staatshaushalts der Ukraine hat die Regierung der Russischen Föderation den Beschluss gefasst, einen Teil der eigenen Reserven aus dem Fonds für Nationalen Wohlstand in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar (rund 10 Milliarden Euro) in Wertpapieren der ukrainischen Regierung anzulegen", erklärte der Kreml-Chef.

Klitschko: "Kein Geld oder Gas von Putin ohne Gegenleistung"
"Keiner bekommt von Putin Geld oder Gas ohne Gegenleistung", bewertet Vitali Klitschko, Boxweltmeister im Ruhestand und einer der Oppositionsführer, in der "Bild"-Zeitung die Vereinbarung. Die Befürchtung der Demonstranten: Mit der engen Anbindung an den östlichen Nachbarn wird die Ukraine zu einem "Klein-Russland".

Die Vereinbarung "ist mit keinen Bedingungen verbunden, weder mit der Erhöhung, Senkung oder dem Einfrieren sozialer Standards, Renten, Transferleistungen oder Ausgaben", wischt Putin hingegen Bedenken vom Tisch, Moskau wolle die Ukraine stärker an sich binden. Kritiker werfen dem Kreml-Chef vor, eine Konkurrenz zur EU nach dem Vorbild der früheren Sowjetunion aufzubauen. Ein Beitritt Kiews zu einer von Moskau dominierten Zollunion sei am Dienstag nicht besprochen worden, betont wiederum Putin.

Janukowitsch dankte seinem russischen Amtskollegen jedenfalls: "Ohne den politischen Willen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wäre diese fruchtbare Arbeit, wäre die heutige Vereinbarung unmöglich gewesen". Janukowitsch sprach von "konstruktiven und substanziellen" Verhandlungen.

Timoschenko warnt vor "Anfang vom Ende"
Die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko warnte hingegen, eine enge Anlehnung an Russland bedeute den "Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit". "Mit Russland werden wir alles verlieren, was wir haben", erklärte die Oppositionsführerin in einem schriftlich geführten Interview des Magazins "Stern". Sie warf ihrem Erzfeind Janukowitsch vor, er habe sich zu einem Diktator gewandelt, der sein Land ausraube.

Eines steht nach der Vereinbarung am Dienstag fest: Für Putin ist der Abschluss des Milliardenvertrags ein Triumph im Ringen mit der EU um den zweitgrößten Flächenstaat Europas. Der aus dem russischsprachigen Osten der Ukraine stammende Janukowitsch hat sich eindeutig entschieden. Der Weg nach Westen scheint vorerst verstellt.

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