Weinend holt Vicky G. den Pullover ihres Sohnes aus dem Postkuvert, das ihr die Polizei damals nach der Todesnachricht im Spital gegeben hat und hält ihn in die Luft. "Den hat Kevin an seinem letzten Tag in der Schule getragen", sagt sie. Jetzt ist er aufgeschlitzt und aufgerissen, das alte Blut ist zu einem längst braunen Fleck getrocknet. "Sieht so ein Arbeitsunfall aus?", fragt die Mutter wütend. "Ich kann das nicht verstehen!"
So viel hat sie durchmachen müssen. Der Tod ihres Sohnes in der Pause, der drohende Konkurs, Schulden und den Exekutor, der neben ihrem Bett steht. "Jedes Mal, wenn es ein bisschen bergauf gegangen ist, kam eine große Keule und hat mich zurückgeschmissen", berichtet die Besitzerin eines Lokals.
Eine solche Keule kam auch vor wenigen Wochen. Die Richterin urteilte: Auf den Fall käme das allgemeine Sozialversicherungsgesetz zur Anwendung. Die tödliche Messerattacke nichts anderes als ein "Arbeitsunfall". Ergo: Der Dienstgeber, oder eben der Staat, haftet nicht für die Folgen eines solchen "bedauerlichen Unfalls". Für die geschockte Mutter bedeutet das in erster Linie: "Ich habe jetzt kein Recht und keine Ansprüche."
Von Michael Pommer und Klemens Groh, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.