Im erlesenen Konzertprogramm der heurigen Festspiele werden die Komponisten Dmitri Schostakowitsch (50. Todestag) und Pierre Boulez (100. Geburtstag) gebührend gewürdigt. Es gibt aber noch ein weiteres rundes Jubiläum, das Aufmerksamkeit verdient. Im Jahr 1925, also vor genau 100 Jahren, wurde mit Mozarts Don Giovanni die erste Opernproduktion der Salzburger Festspiele gezeigt. Es musizierten: die Wiener Philharmoniker.
Zu Beginn der Festspiele, die im Jahr 1920 zum ersten Mal über die Bühne gingen, lag der Fokus noch auf Schauspiel – vor allem dem Jedermann – und Konzerten (bei denen die Wiener Philharmoniker bereits seit 1922 mitwirkten). Erst drei Jahre später setzte die bis heute andauernde Operntradition in Salzburg ein, und diese steht in sehr enger Verbindung mit dem Orchester der Wiener Staatsoper.


Ganz große Oper
Der weltberühmte Klangkörper feiert heuer also das 100-jährige Jubiläum als Opernorchester der Salzburger Festspiele. Und das gilt es, zu feiern. Drei Opernproduktionen sind es, in denen die Wiener Philharmoniker aus dem Orchestergraben ertönen:
„Macbeth“ von Giuseppe Verdi, in einer Wiederaufnahme aus dem Jahr 2023. Die Besetzung der von Presse und Publikum gefeierten Produktion ist nahezu unverändert: Asmik Grigorian kehrt als Lady Macbeth auf die Bühne des Großen Festspielhauses zurück, Vladislav Sulimsky gibt den Macbeth, Tareq Nazmi ist als Banco zu hören. Es dirigiert Philippe Jordan, Musikdirektor der Wiener Staatsoper, die Regie stammt von Krzysztof Warlikowski.
In „One Morning Turns into an Eternity“ verbindet Ausnahme-Regisseur Peter Sellars zwei Schlüsselwerke an der Schwelle der Spätromantik zur Moderne: Arnold Schönbergs „Erwartung“ und Gustav Mahlers „Der Abschied“ aus „Das Lied von der Erde“ erzählen auf ganz unterschiedliche Weise von Verlusterfahrungen und deren Überwindung. Esa-Pekka Salonen hat die musikalische Leitung inne, es singen die litauische Sopranistin Ausrine Stundyte sowie die deutsche Altistin Wiebke Lehmkuhl.
Die dritte Opernproduktion mit Beteiligung der Wiener Philharmoniker ist „Maria Stuarda“ von Gaetano Donizetti in einer Neuinszenierung von Ulrich Rasche. Die Premiere findet am 1. August im Großen Festspielhaus statt, unter der musikalischen Leitung von Antonello Manacorda. Es singen u.a. Kate Lindsey als Elisabetta und Lisette Oropesa als Maria Stuarda.


Hochkarätige Konzerte
Neben den Opern stehen in diesem Jahr fünf Konzertprogramme der Philharmoniker auf dem Programm – und ebenso viele große Dirigenten nehmen am Pult Aufstellung: Andris Nelsons, Riccardo Muti, Franz Welser-Möst, Yannick Nézet-Séguin und Lorenzo Viotti. Der 35-jährige Schweizer, 2015 Gewinner des Young Conductors Awards, dirigiert Strawinskys Opern-Oratorium Oedipus Rex und Tschaikowskis 4. Sinfonie im Großen Festspielhaus. Insgesamt 29 Auftritte werden die Wiener Philharmoniker in dieser Spielzeit absolvieren – 11 Mal im Rahmen der Konzertreihe, 18 Mal als Opernorchester. Allein an diesen Zahlen ist abzulesen, welchen Stellenwert das Orchester für die Festspiele hat.
„Wiener Klang“ in Salzburg
Richard Wagner beschrieb das Ensemble einst als „eines der allervorzüglichsten der Welt“. Da passt es gut, dass sich Yannick Nézet-Séguin im Rahmen der Konzertreihe dem Werk des großen Opernkomponisten widmet. Die Faszination, die die Wiener Philharmoniker seit ihrer Gründung auf die größten Komponisten und Dirigenten sowie auf das Publikum in aller Welt ausüben, beruht auf der bewusst gepflegten Homogenität des Musizierens, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Bis in die Gegenwart wird von Interpreten und Dirigenten der „Wiener Klang“ als herausragendes Qualitätsmerkmal des Orchesters hervorgehoben. Davon kann man sich, einmal mehr, in Salzburg überzeugen – und mitreißen lassen.