Egal, ob aus Spargründen oder der Umwelt zuliebe: Der Kauf von Gebrauchtware ist österreichweit nach wie vor sehr beliebt. Viele seltene Raritäten und Schätze können Schnäppchenjäger am Wochenende auf Flohmärkten in ganz Tirol erstehen. Wir haben uns für einen Sonntagvormittag selbst unter die Flohmarktgänger gemischt, spannende Funde gemacht und viel Neues erfahren.
Papa & Sohn am Flohmarkt
Überall wird neugierig geschaut, gefeilscht und diskutiert. Das gute Wetter hat zahlreiche Besucher auf das Gelände der CYTA-Shoppingwelt gelockt. Nach wenigen Metern auf dem Flohmarktgelände treffen wir auf Daniel Hechenblaikner. Gemeinsam mit seinen Eltern bietet der 31-Jährige fast jeden Sonntag verschiedene Waren an. „Mein Papa und ich haben damit angefangen, auf Flohmärkte zu gehen, als ich etwa 12 Jahre alt war. Zunächst haben wir sogenannte ,Dirt Bikes', also kleine Motorräder, verkauft.“ Mittlerweile findet man am Stand der Familie Hechenblaikner Betonfiguren aus Tschechien sowie verschiedenste Gegenstände aus Wohnungsräumungen.
Der Innsbrucker hat auch stets Räder im Sortiment: „Meist fahre ich morgens mit einem Rad her und hoffe, dass ich am Nachmittag mit dem Zug wieder nach Hause zurückkehre“, lacht er. „Für mich ist das Besondere an Flohmärkten, mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen, eine schöne Zeit zu haben und, idealerweise, am Ende des Tages etwas Gewinn einfahren zu können“, erklärt Daniel.


Weniger Verkäufe
Einige Hunderte Meter weiter treffen wir auf das Ehepaar Kuni und Walter aus Südtirol. Seit 20 Jahren bieten sie verschiedenste Gebrauchsgegenstände und Dekoartikel auf Flohmärkten in Südtirol sowie im Ausland an. Kuni erklärt, wie sich Flohmärkte aus ihrer Sicht verändert haben: „Trotz gleichbleibender Besucherzahlen wird viel weniger gekauft. Man merkt schon, dass die Leute deutlich vorsichtiger ihr Geld ausgeben, als früher.“
Kreative Häkelkunst
Auch Andrea ist seit rund 20 Jahren fleißige Flohmarktgängerin. Sie verkauft - mit ihrem Enkel Fabian - nicht nur Schmuck, sondern auch selbstgehäkelte Dekofiguren, Kräutersalz, Öle sowie kunstvoll verzierte Männerhandtaschen. „Am besten gefällt mir, dass wir Helfer nach Flohmarkt-Ende und nach dem Aufräumen des gesamten Platzes noch gemütlich beisammensitzen“, verrät sie. An ihrem Stand erhält man auẞerdem wichtige Informationen zum gesam ten CYTA-Flohmarkt
Ausgefallene Kreationen

Direkt hinter Andreas Stand mit selbst gemachten Schätzen entdecken wir einen Tisch voller ausgefallener Stirnbänder mit frechen Sprüchen. Auch handgefertigte Mützen, Dreieck-Schals und Taschen werden hier angeboten. Der kreative Kopf hinter den Accessoires ist Powerfrau Karin. 2021 hat sie damit angefangen, Corona-Masken selbst nähen und sich seitdem mit der Handarbeit ein zweites Standbein aufgebaut.
Mittlerweile hat sie ihren Job in der Gastronomie gekündigt und ihr Hobby zum Vollzeitberuf gemacht. Unter dem Namen „Karin von Schwesterwerk“ ist sie auf den Social-Media-Kanälen Instagram, zu sogar Facebook und TikTok unterwegs und hat es geschafft, mit einigen ihrer Videos viral zu gehen.
„Meine Follower können viele Sachen online bestellen, ich verschicke auch ins Ausland. Kunden, die in Innsbruck oder Umgebung wohnen, dürfen ihre Produkte sonntags hier abholen. Seit drei Jahren habe ich meinen festen auf Standplatz dem CYTA-Flohmarkt“, erklärt Karin.
Zurück zu den Anfängen
Im Laufe des Rundgangs treffen wir auf die Organisatorin Bettina Bertoldi. Seit stolzen 23 Jahren organisiert sie den großen CYTA-Flohmarkt in Völs. Ihre Leidenschaft für Flohmärkte ist durch die Liebe entstanden: „Zum Flohmarktgehen bin ich erst durch meinen – mittlerweile verstorbenen Ehemann gekommen. Er wollte einmal auf einem Flohmarkt seine alten Bundesheersocken und -Unterhosen verkaufen. Ich war überzeugt, dass die niemand haben möchte. In Wirklichkeit wurden die zuallererst gekauft, das hat mich total erstaunt! Mein Interesse für Flohmärkte war damit geweckt.“ Im Jahr 2002 beschloss ihr Mann Frank, einen völlig neuen Flohmarkt ins Leben zu rufen, da beide mit der Organisation auf einem anderen Innsbrucker Flohmarkt unzufrieden waren. Es entstand also der CYTA-Flohmarkt, der bis heute ein beliebter Treffpunkt für Schnäppchenjäger aus ganz Tirol, aber auch aus Ländern wie Deutschland, Italien und der Schweiz, ist.
Im Anschluss an das Gespräch stellt Bettina uns eine ältere Dame vor. An ihrem Stand können Besucher hochwertiges Geschirr sowie verschiedenste Dekoartikel und Gebrauchsgegenstände kaufen. „Für mich bedeutet das Verkaufen am Flohmarkt etwas zusätzliches Geld neben meiner kleinen Pension“, erklärt die 88-jährige Ingrid Mayer, die ihr Leben lang auf Flohmärkten verkauft hat. „Ich mache alles allein, nur beim Abbau hilft mir mein Sohn. Auf dem CYTA-Flohmarkt genieße ich die nette Atmosphäre und meine freundlichen Standnachbarn.“


Ein Flohmarkt für die Seele
Die meisten Aussteller sind sich einig: Auf dem Flohmarkt gehe es nicht nur um das Geld, sondern darum, eine schöne Zeit zu verbringen und sich auszutauschen. Bettina, die von ihren Standlern auch liebevoll als „Sozialarbeiterin des Flohmarktes' bezeichnet wird, verrät mehr über ihre persönliche Mission:„Mir ist es wichtig, dass es nicht nur um das Verkaufen geht, sondern auch darum, die Standler aufzufangen, falls es ihnen gerade schlecht geht. Denn: Fast jeder hat mal Redebedarf oder fühlt sich einsam.
„Wenn es dann gelingt, diesen Leuten einen schönen Tag zu schenken, ist für mich das Hauptziel erreicht“, schmunzelt Bettina. Die Zukunft für Flohmärkte sieht sie eher positiv: „Wir haben zwar viele Stammgäste, die älter als 70 sind, aber zurzeit beobachte ich eine Art Umbruchsphase“, erklärt sie. „Es gibt immer mehr junge Leute, die hier etwas verkaufen. Diese Entwicklung freut mich, da sie zeigt, dass Flohmärkte auch in Zukunft nicht aussterben werden.“ Abschließend fasst sie zusammen: „Gemeinsam mit meinem Lebenspartner Christian und meinen treuen Helfern bauen wir auf eine lange Flohmarkt-Zukunft. Ein großes Dankeschön geht an alle, die zum Flohmarkt-Leben beitragen.“