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18.06.2025

Krone Extra - Juni 2025

Koralmbahn kein Selbstläufer

Präsident Jürgen Mandl im Interview

Foto: Helge Bauer

Die Koralmbahn steht kurz vor der Inbetriebnahme - doch statt Euphorie über das Projekt warnt Wirtschaftskammerpräsident Mandl vor zögerlicher Politik, fehlenden Konzepten und einer vertanen Chance.

Herr Präsident Mandl, in wenigen Monaten geht mit der Koralmbahn eines der größten Infrastrukturprojekte Österreichs in Betrieb. Ist Kärnten bereit dafür?
Die Koralmbahn ist nicht nur eine Bahnstrecke, sondern das Rückgrat eines neuen Wirtschaftsraums, der AREA SÜD mit 1,8 Millionen Menschen. Sie verbindet Kärnten mit der Steiermark und eröffnet völlig neue Chancen. Aber Infrastruktur allein bringt noch keinen Wohlstand. Wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln, verspielen wir eine historische Gelegenheit. 

Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, wie die des Ökonomen Norbert Wohlgemuth, der vor überzogenen Erwartungen warnt. Wie stehen Sie dazu?
Kritik ist legitim, aber wir sollten uns nicht kleiner machen, als wir sind. Natürlich wird die Koralmbahn nicht automatisch jeden Betrieb nach Süden ziehen. Sie schafft jedoch Voraussetzungen, wie wir sie noch nie hatten: bessere Erreichbarkeit, kürzere Wege und neue logistische Verbindungen von Triest bis ins Baltikum. Wer das nicht als riesige Chance erkennt, hat das Potenzial dieser Verbindung nicht verstanden. 

Die Wirtschaftskammer hat kürzlich Kritik an der Stadt Klagenfurt geäußert. Was genau fehlt aus Ihrer Sicht?
Andere Regionen sichern längst Flächen, schreiben Konzepte und sprechen Investoren an, während man in Klagenfurt immer noch abwartet. Das ist fatal. Die Koralmbahn wird kommen - ob wir vorbereitet sind oder nicht. Jetzt braucht es Entscheidungen: Wo sollen Betriebe hin? Wie nutzen wir den neuen Anschluss an Europa? Wir fordern einen klaren Plan - und zwar jetzt, nicht irgendwann. 

Die ÖBB haben zuletzt den Ausbau des Logistikzentrums Fürnitz verschoben. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?
Das ist eine äußerst negative Entwicklung. Die Koralmbahn und der Zollkorridor nach Triest sind zentrale Standortprojekte - und dann verschiebt man ausgerechnet hier den Ausbau? Während Wels und Graz massiv aufrüsten, wird Kärnten ausgebremst. Wir sagen ganz klar: Die ÖBB müssen ihre Zusagen einhalten, sonst verspielt man leichtfertig eine Zukunftschance für den Süden Österreichs. 

Was ist Ihr Appell an die Entscheidungsträger?
Die Koralmbahn ist kein Selbstläufer. Sie bietet enorme Chancen, aber nur, wenn wir jetzt die richtigen Weichen stellen. Das erfordert Mut, Entschlossenheit und vor allem Taten. Kärnten darf diese historische Gelegenheit nicht ungenutzt lassen.