Das freie Wort

Wie ein Wimmerl unser Gesundheitssystem belastet

Eine (wahre) Geschichte aus unserem Gesundheitssystem: Ein Patient mit einem juckenden Nasenflügel links ist beunruhigt, weil er im Internet gelesen hat, dass, in seltenen Fällen, Jucken ein Vorbote eines Karzinoms sein kann. Er konsultiert seinen Hausarzt. Dieser findet einen unauffälligen Befund und versucht, den Patienten zu beruhigen. Problem gelöst? Na ja! Denn der Patient googelt vorsichtshalber noch einmal, die Beunruhigung steigt und er kontaktiert die Spitals-Notfallambulanz. Dort wird er begutachtet und zur Sicherheit zu einem HNO-Facharzt geschickt. Auch der beruhigt. Problem gelöst? Na ja! Denn am nächsten Morgen juckt der Nasenflügel immer noch. Zur Sicherheit dann auch noch ab zu einem Dermatologen. Alle sind sich einig: kein medizinisch behandlungsbedürftiges Problem. Tags darauf endlich die Erleichterung: Ein Wimmerl war die Ursache. Nicht lebensbedrohlich für den Patienten, sehr wohl aber „lebensbedrohlich“ im Hinblick auf die Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems. Denn diese auf den ersten Blick zum Schmunzeln verleitende Anekdote ist leider traurige Realität und zeigt: Patienten können mit jeder Fragestellung endlos oft Kollegen, Spitalsambulanzen, Vertragsärzte und Wahlärzte konsultieren, ohne dass die einzelnen Kollegen voneinander wissen. Der Grund: Es fehlt eine für alle einsehbare Dokumentation, denn die Dokumentation auf ELGA ist mehr als lückenhaft. Auch eine von der Gesundheitshotline 1450 ausgesprochene Empfehlung, vorerst abzuwarten, ist für keinen der Kollegen ersichtlich, weil dies im System nicht abgebildet wird. Hier ist Sparpotenzial ohne Ende, weil wir immer mehr beobachten, dass der mündige Patient mit einem medizinischen Hausverstand leider in die Minderzahl geraten ist. Die Kassen plagen Milliarden-Verluste! Dass wir einsparen müssen, ist logisch und nachvollziehbar. Wir Ärzte können hier sehr gerne behilflich sein, nicht aber auf Kosten der Leistungen für unsere Patienten. Wir haben hier konstruktive Vorschläge. Setzen wir sie um – ansonsten werden die „Wimmerln“ noch mehr zur Bedrohung.

Dr. Silke Haim, Ärztin, per E-Mail

Erschienen am Do, 3.4.2025

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