Ging hier zur Schule

“Österreichischer Minister” als Held von London

Österreich
23.03.2017 18:22

Das ist Britannien: Keine 24 Stunden nach dem Terroranschlag von London herrscht wieder "Business as usual", es wird rasch zur normalen Gelassenheit zurückgekehrt. Aber man feiert den 55-jährigen Vizeaußenminister Tobias Ellwood, der in Wien in die Schule ging und deshalb in der österreichischen Botschaft in London scherzhaft "österreichischer Minister" genannt wird, als (leider vergeblichen) Lebensretter.

Am Tag nach dem Terroranschlag, zu dem sich der IS bekannte, hielt das Parlament am Donnerstag eine Routinesitzung ab - demonstrativ, denn der Anschlag auf das Parlament wird als "Angriff gegen die Demokratie" empfunden. Normalität, allerdings mit Einschränkung: Die Parlamentssitzung wurde mit einem Gebet und einer Schweigeminute eröffnet, und zur Spurensicherung blieb die Umgebung des Parlamentsgebäudes abgeriegelt - darunter der Tatort, die Westminster Bridge. Sie ist eine der wichtigsten Brücken über die Themse. Das löste im morgendlichen Berufsverkehr ein weitreichendes Verkehrschaos aus.

Typisch auch der Bürgermeister der britischen Hauptstadt, Sadiq Khan: "Wir dürfen uns nicht beugen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Terroristen Erfolg haben und unseren Lebensstil zerstören oder unsere Gesellschaft spalten." Motto: Jetzt erst recht! Wir lassen uns nicht unterkriegen! In diesem Sinne wird auch Vizeaußenminister Ellwood von den Medien als "Hero" gefeiert.

Denkmal für den Bruder des Helden von London
Nicht zum ersten Mal war Ellwood von einer Terrorattacke betroffen: Sein Bruder Jonathan Ellwood kam bei dem Bombenanschlag auf der indonesischen Insel Bali 2002 ums Leben. Für die 220 Opfer des damaligen Anschlags war ein Denkmal errichtet worden, keine 500 Meter vom Ort des Londoner Terroranschlags entfernt.

Der Vizeaußenminister war am Mittwoch, alle Sicherheitswarnungen missachtend, sofort zu dem verletzten Polizisten geeilt. Politiker und Journalisten sind voll des Lobes. "Wie Tobias Ellwood dem Polizisten geholfen hat, war heldenhaft!", twitterte der Abgeordnete Ben Howlett. BBC-Experte Frank Gardner, der selber 2004 Opfer eines Terrorangriffs wurde, twitterte: "Riesengroßen Respekt für meinen Freund, der versucht hat, den niedergestochenen Polizisten zu retten und die Blutung mehrerer Stichwunden zu stillen. Vergebens."

Der Held, der aus Wien kam
Ellwood war in Wien in die Vienna International School gegangen, deshalb wird er an unserer Botschaft in London scherzhaft "der österreichische Minister" genannt. Erst im vergangenen Juni war er nach Wien gereist, um in seiner ehemaligen Schule zu referieren. Dort wo auch seine Mutter Caroline jahrelang Direktorin der Middle School war machte Ellwood 1985 seinen Abschluss, bevor er schließlich zum Studium nach England zurückkehrte. Im Rahmen der jährlichen Abschlussfeier wird an der Vienna International School ein Preis im Namen von Ellwoods Bruder Jonathan an einen Schüler verliehen.

Apropos Österreich: Botschafter Martin Eichtinger war am Mittwoch sechs Stunden lang mit 500 anderen Personen im Parlament "gefangen" gewesen. So lange hatte im ganzen abgeriegelten Stadtteil Westminster die Fahndung nach eventuellen Komplizen des Attentäters angehalten.

So war nebenan in der Westminster Abbey von Scotland Yard ein provisorisches Registrierungsbüro eingerichtet worden. Dorthin sollte jeder der "Gefangenen" in einem "Gänsemarsch" geführt und die Identität geprüft werden. Es galt als nicht ausgeschlossen, dass sich Attentäter auch im Parlamentsgebäude befinden. Der Plan wurde letztlich fallen gelassen.

Als Botschafter Eichtinger nach seiner Rückkehr diesen Tag Revue passieren ließ, erinnerte er sich: "Hätte ich vier Minuten früher meine Gespräche im Parlament beendet, wäre ich zwar der 'Gefangenschaft' entgangen, aber dem Attentäter am Ausgang in die Hände gelaufen. So nah kann man dem Schicksal sein."

Kurt Seinitz und Kálmán Gergely, Kronen Zeitung

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