30 Jahre Tschernobyl

Der stumme Frühling und die mutigen Mütter

Salzburg
25.04.2016 19:00

"Mich freut, dass eine Gruppe von Frauen eine Power entwickelt und unglaubliche Ergebnisse zusammen bringt." 30 Jahre danach: Dr. Karoline Hochreiter, Begründerin von "Mütter für eine Atomfreie Zukunft", erinnert sich an die dramatischen Tage, die so vieles in Salzburg verändert haben.

Unser Anruf überrascht sie nicht, aber es seien doch noch so viel andere da gewesen. Dann doch, die Geschehnisse sind wie auf einer Festplatte eingebrannt: Der erste Geburtstag ihres Kindes war der 27. April 1986, damals im Frühling, dem sie das Adjektiv "stumm" gaben. Im Radio hatte sie die Meldung gehört, sie war in der Zukunftsbibliothek von Robert Jungk tätig und in der Katholischen Hochschulgemeinde. Das Kind hatte noch im Gras gespielt und dann die Empfehlungen: Fenster zu, Ritzen verkleben, Kinder im Haus lassen, die Sandkisten wie Sondermüll entsorgen. Da habe sie eine unheimliche Wut bekommen und plötzlich war sie so von zwanzig Leuten umringt und alle sagten, man müsse etwas tun und etwas gründen.

Heute noch sind die inzwischen erwachsenen Kinder stolz auf das, was sie damals bewegt hat. Ein Besuch bei Erzbischof Dr. Karl Berg, der sofort seine Haltung gegen die unberechenbare Atomenergie manifestierte. Die Organisation von Informationsabenden, das Audi Max der Universität voll mit besorgten Eltern. Die Zusammenarbeit mit den verständnisvollen Bauern. Ja, das unverstrahlte Heu, das unter dem Scheunendach gelegen war, das wollten sie für die Kinder bereit halten, nicht belastete Milch liefern, im Hof von Schloss Mirabell bildete sich ein gut besuchter "Ab Hof"-Verkauf. Alle versuchten, nicht belastete Lebensmittel zu bekommen. Dann die nächste schreckliche Botschaft: Im bayrischen Wackersdorf plante Franz Josef Strauß eine Atomare Wiederaufbereitungsanlage.

Großer Marsch über den Grenzübergang Freilassing
Die spektakulärste Demonstration, die je in Salzburg stattgefunden hat, nahm einen ungewöhnlichen Weg: Treffpunkt in der Stadt und dann hinaus mit hunderten Kindern über den Grenzübergang von Freilassing ins Bayrische, Zusammentreffen mit den deutschen Atomgegnern. Große Reportagen in der "Krone", die sich ganz in den Dienst der "Mütter gegen Atom" stellte. Ja, es sei wie bei Wellenbewegungen, doch nun sei das Bewußtsein stärker geworden, diese Atomkraft ist eben nicht beherrschbar. Der Ruf in die Politik folgte, von 1989 bis 1999 Abgeordnete der Grünen, alle Parteien hatten übrigens bei der Psychotherapeutin angefragt. Sie bleibt bescheiden, aber Geschichte lebt von Persönlichkeiten. Gelegentlich finden noch Treffen statt, mit den Erinnerungen an damals. Bei denen auch die Rolle der Frau in der Gesellschaft diskutiert wird, die nach Tschernobyl einen anderen, höheren Stellenwert bekommen hat. Kinder an die Macht!

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