Steiniger Weg

Löwenrettung aus Flüchtlingslager mit Happy End

Ausland
10.07.2015 17:00
Happy End im Löwen-Krimi: Die beiden Raubkatzenkinder "Mona" und "Max", die aus einem Flüchtlingslager im Gazastreifen gerettet wurden - ein Mann hatte die beiden gekauft, um aus ihnen Profit zu schlagen -, können nun in einem Freigehege in Jordanien endlich artgerecht ihre Freiheit genießen. Doch der Weg dorthin war überaus steinig...

Grenzposten Erez Point 5.5 im Niemandsland zwischen Israel und dem abgeriegelten Gazastreifen: Am Wüstenhimmel breitet sich der Vollmond wie eine orange Riesenscheibe aus. Neonscheinwerfer ziehen Mücken an. Die Österreicher, die seit bald 24 Stunden auf dem Kontrollposten der Hamas festsitzen, weil ihnen irgendwelche Papiere fehlen, verbringen die Nacht auf dem Boden eines stickigen Containers. An Schlaf ist nicht zu denken. Zu hoch ist die Anspannung, zu laut die Beschallung mit den Gesängen des Muezzin, die turnusmäßig aus den krächzenden Lautsprechern dröhnen.

Der letzte Versuch, doch noch ein Auge zuzubekommen, scheitert um exakt 3.55 Uhr morgens. Wie von der Tarantel gebissen läuft ein Soldat plötzlich über den staubigen Lagerplatz. In der einen Hand hält er die Kalaschnikow, die andere gestikuliert wild. Sirenen ertönen, Rotlicht-Lampen blinken. Er sprintet zum Schranken, reißt ihn auf und gibt den Weg frei für einen Ambulanzwagen, der im Höllentempo über den Notfallkorridor ins nächste Spital rast.

Löwen als Geldmaschinen missbraucht
In dieser Ramadan-Nacht auf Freitag schien die Nahost-Mission der "Vier Pfoten" unmittelbar vor dem Aus zu stehen. Das Team saß fest. Die geplante Rettungsaktion von zwei Löwenjungen aus einem Flüchtlingslager in Rafah galt eigentlich schon als gescheitert.

Dort hatte der Besitzer die Raubkatzen Max und Mona mit Schlägen gezüchtigt und als gewinnbringende Jahrmarktsattraktion gehalten. Zwei Schekel waren der Preis für ein Foto mit ihnen. Für vier Schekel zog er ihnen ein Dress von Manchester United an, für ein Extra-Trinkgeld durfte es auch ein Hamas-T-Shirt sein. Bis ihm die Wildtiere über den Kopf wuchsen, Nachbarn angriffen und Gefahr im Verzug bestand.

Doch einmal mehr lieferte der erfahrene Vier-Pfoten-Chef-Veterinär Amir Khalil ein Meisterstück. Nach einem nervenaufreibenden Gesprächsmarathon mit allen beteiligen Seiten, Dutzenden Tassen Kardamom-Kaffee und einem durchschnittlichen Tabakkonsum von einer Zigarettenpackung alle zwei Stunden gelang es ihm, sich doch noch in die Behausung des sechsfachen Familienvaters durchzuschlagen.

Der Palästinenser unterschrieb unter Tränen einen Vertrag für die Überstellung der mittlerweile acht Monate alten und mehr als 30 Kilo schweren Löwen in ein artgerechtes Refugium. Die Organisation verpflichtete sich im Gegenzug, sämtliche Kosten für Futter und Überstellung zu tragen.

Transport der Löwenkinder als Husarenritt
Der Transport mit Mona und Max in ein sicheres Refugium in Jordanien glich dann einem Husarenritt. Auf dem abenteuerlichen Programm standen Taxifahrten mit den Löwen (!), zwei Nächte in einem Hotel im zerschossenen Gaza und strapaziöse Verhandlungen mit den Behörden. Am Wochenende gelang aber dann doch noch die lange ersehnte Überstellung der Tiere. Ein schrottreifes Motorrad zog einen Lastenanhänger mitsamt den Tierboxen durch den Grenzübergang Richtung neues Leben...

Im Freigehege in einer Transitstation nahe Amman spielen sich indes herzzerreißende Szenen ab. Brüderchen und Schwesterchen können endlich unbeschwert miteinander spielen, schmiegen sich in Pausen behutsam aneinander. "Im Herbst werden sie gemeinsam mit anderen Wildtieren in das neue Schutzzentrum 'Al Mawa for Nature and Wildlife überstellt'", so Khalil erleichtert. Bis dahin brauchen sowohl die Löwenkinder als auch der Veterinär vor allem eines - ganz viel Ruhe...

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