"Kein PR-Trick"

Regierung stellte “größte Steuerreform” vor

Wirtschaft
13.03.2015 18:51
Nachdem sich die Koalition in der Nacht auf Freitag auf die letzten Punkte geeinigt hatte, ist am Freitagabend die Steuerreform, die nach den Worten der Regierung "die größte Entlastung in der Zweiten Republik" bringen wird, der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Sowohl Kanzler Werner Faymann als auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner betonten, dass Kompromisse eingegangen werden mussten, das Ergebnis sich aber sehen lassen könne. Es handelt sich laut den beiden keineswegs um "einen PR-Trick". Laut Faymann würden von den fünf Milliarden Euro "4,9 Milliarden direkt in die Brieftaschen der Menschen" fließen.

Faymann bedankte sich gleich zu Beginn der Pressekonferenz im Foyer des Bundeskanzleramts beim Koalitionspartner. "Einer alleine ist nicht in der Lage, einen Kompromiss zu finden", so der Regierungschef. Zur Ausgangssituation der Verhandlungen, die Ende des vergangenen Jahres begonnen haben, erklärte der Kanzler, dass trotz der nach wie vor besseren Daten im Vergleich zu anderen EU-Nachbarn die Krise sehr wohl auch Österreich treffe. In diesem Zusammenhang habe man "unsere Aufgaben machen müssen".

"Wir müssen sparen, aber es kommt nicht nur der Rotstift"
Dass die Reaktion aber nicht nur mit dem Rotstift erfolgen könne, sei von Anfang an klar gewesen. "Wenn wir unseren Standard aufrechterhalten wollen, müssen wir sparen. Aber wir müssen auch die Kaufkraft stärken." Und das sei mit dem rund fünf Milliarden Euro schweren Paket erreicht, betonten beide Regierungspartner unisono. "6,4 Millionen Österreicher werden nun mehr Netto vom Brutto haben", versprach Faymann.

Der Regierungschef ging auf die bereits von krone.at berichteten Details der Steuerreform überblicksmäßig ein und betonte auch, dass das Paket für alle fair sein werde - und: "Die Menschen bezahlen es sich nicht selbst." Faymann betonte, dass im Bereich der Einsparungen im Verwaltungsbereich vieles umzusetzen sei, "was mit Zusammenlegung, mit Effizienzverbesserung, aber nicht mit Leistungskürzung zu tun hat". Die Vermögenszuwachssteuern seien fair, und auch die "Betrugsbekämpfung hat mit Fairness zu tun". Bei der Erhöhung einiger ermäßigter Mehrwertsteuersätze (etwa für Theaterkarten oder Tiernahrung) habe man bewusst nicht Bereiche wie Medikamente oder Lebensmittel angegriffen, betonte er.

Mitterlehner: "Jeder hat etwas davon"
Mitterlehner zeigte sich ebenfalls zufrieden und meinte, "alles erreicht zu haben, was wir am Anfag gesagt haben". "Wir haben mit den fünf Miliarden etwas bewegt. Das ist kein PR-Gag. In den Geldbörsen der Menschen wird etwas bewirkt. Jeder Österreicher, der unter das Tarifsystem fällt, hat etwas davon", versicherte der Vizekanzler.

Punkto Kaufkraft und Konjunktur meinte Mitterlehner, dass die fünf Milliarden relativ rasch gesamtwirtschaftlich wirksam würden. Man erwartet sich bis 2019 ein deutliches Wirtschaftswachstum. Durchgerechnet würde jeder Arbeitnehmer 1.000 Euro Entlastung erfahren, "das ist eine Größenordnung, mit der man in einem Jahr auch etwas anfangen können sollte", so Mitterlehner.

Kann Budgetpfad gehalten werden?
Beide versprachen, dass in den nächsten Tagen konkretere Rechenbeispiele zu den Auswirkungen der Lohn- und Einkommenssteuersenkung von der Regierung präsentiert würden. Auf die Journalistenfrage, ob man denn garantieren könne, dass man mit dem Vorhaben nicht vom Budgetpfad abweichen wird, meinte Faymann: "Ich kann das nicht garantieren." Er verwies aber in diesem Zusammenhang auf die Analysen von Experten, die eben auch nicht über einen längeren Zeitraum Prognosen stellen könnten. Diese müssten alle paar Monate korrigiert werden, da sich neue Probleme auftäten.

Zur Umsetzung der 1,1 Milliarden Euro Einsparungen im Verwaltungsbereich kündigte Mitterlehner das Einfrieren von Förderungen sowie ein "Monitoring" der Umsetzung von Rechnungshofsvorschlägen an. Förderungen will der Vizekanzler einfrieren und damit 500 Millionen Euro lukrieren. Er bestätigte, dass mit Förderkürzungen und Verwaltungsreform insgesamt 1,1 Milliarden Euro hereinkommen sollen: "Jeder, der jetzt applaudiert, soll uns dann nicht schreiben und nicht intervenieren, wenn das umgesetzt wird."

Registrierkassapflicht: Kein "Pauschalverdacht"
Verteidigt wurde von Mitterlehner die vom eigenen Wirtschaftsflügel kritisierte Registrierkassenpflicht. Es gehe nicht um einen "Pauschalverdacht" gegen ordentlich abrechnende Unternehmer, sondern darum, an den internationalen Durchschnitt anzuschließen. Österreich habe nämlich drei bis vier Milliarden Euro weniger Mehrwertsteuereinnahmen als andere Länder, dem müsse man nun begegnen.

Außerdem sei auch eine 200-Euro-Unterstützung für Unternehmen bei der Einführung neuer Systeme geplant. Angegangen werden soll demnach auch die Mehrwertsteuer-Vermeidung im Internet. Notwendig ist für Faymann auch die Aufweichung des Bankgeheimnisses für Unternehmen, weil die Betriebsprüfer sich über mangelnde Einsichtmöglichkeiten in die Konten beschwert hätten.

Reformen bei Schule, Pensionen und beim Arbeitsmarkt
Die Regierungsspitze kündigte auch weitere Reformen an, vor allem im Bildungsbereich, wo Faymann einmal mehr Bewegung andeutete. Gemeinsam angehen werde man auch Reformen am Arbeitsmarkt und bei den Pensionen, betonte Mitterlehner. Er wollte dazu aber keine öffentlichen Ankündigungen machen, denn: "Das muss eine Angelegenheit sein, die wir intern koordinieren und dann in Maßnahmen, Vorschläge umsetzen." Nachsatz: "Ansonsten werden wir den Finanzpfad nicht einhalten können."

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