Harter Brocken

Zahllose Tode und wahre Triumphe in “Dark Souls 2”

Spiele
03.04.2014 11:31
Es war im Oktober 2011, als ich die Ehre hatte, mich in "Dark Souls" durch die Weiten des Landes Lordran zu kämpfen oder, besser gesagt, zu quälen. Denn dieses RPG ist nur etwas für die ganz Ausgekochten und Hartgesottenen. Doch auch aus Qual kann Ansporn erwachsen, Sterben zur Gewohnheit werden und all das nach Fortsetzung verlangen. Und ebendiese liegt nun mit "Dark Souls 2" vor. Ein Hoch auf den Gamer-Masochismus!

Ganz ehrlich, ich habe laut geflucht. Und das bereits nach knapp einer Stunde. Also in etwa nach einem Fünfzigstel der durchschnittlichen Spieldauer. Dabei hatte ich mir ganz fest vorgenommen, ein wenig länger durchzuhalten. Aber ich gebe es zu: Als mein untotes Alter Ego nach 60 Minuten immer noch dieselbe Schleife im sogenannten Dazwischen, einer Übergangswelt, die den Spieler ganz rudimentär auf das Folgende einstimmen soll, durchlief, da brach es aus mir heraus: "Verdammte Sch****!", brüllte ich dem Bildschirm entgegen.

Zu diesem Zeitpunkt stand mein Todeskonto bereits auf zwölf. Diesen Wert reiben einem die Entwickler von From Software übrigens laufend unter die Nase. Mehrmals hatte mich ein fettes Monster bereits mit eineinhalb Treffern niedergebügelt. Zweimal - ich gestehe es ja - stürzte ich aus eigenem Verschulden ins Nichts. Auch kleinere Dämonen, die zunächst harmlos davonstoben, machten mir den Garaus. Mehrmals.

Auf Jubel folgt Enttäuschung
Und dann irgendwann hatte ich es doch mit dem bewährten Konzept "Ausweichen, Kontern, Draufhauen" vernichtet, das fette Ding. Mir entfuhr ein Jubelschrei. Doch meine Hoffnung, es würde an jener Stelle, an die sich das Untier immer wieder zurückgezogen und stur eine Wand angestarrt hatte, vielleicht einen Ausweg aus dem "Dazwischen" geben oder zumindest ein Item von besonderem Wert verborgen liegen, wurde jäh zerstört. Da war nichts. Und ich hing schon wieder fest.

Weitere 30 Minuten lief ich umher und stellte bereits die Spielarchitektur selbst in Frage. Jene drei Greisinnen, die mich hier empfangen hatten und mir erlaubten, meine Spielerklasse zu wählen, erzählten auch immer wieder dasselbe. Sogar das Springenlassen meines Schwertkämpfers klappte mittlerweile, brachte mich aber auch nicht weiter. Das Einzige, das einwandfrei funktionierte, war das Sterben. Immer wieder. Und immer wieder wurde ich am einzigen Leuchtfeuer, das ich bis dahin gefunden hatte und das zum Speichern bzw. als Transportknotenpunkt dient (so man denn mehr als eines entdeckt hat), wiedergeboren.

Texturen als Tarnung
Erst dann, nach über eineinhalb Stunden, entdeckte ich einen Gang. Ich konnte es kaum glauben, denn die Öffnung war nach jeder Wiedergeburt genau vor meiner Nase. Gleich neben dem Leuchtfeuer. Aber gut getarnt durch grauenhafte Texturen, die trotz oder gerade wegen Full-HD-Auflösung dem Auge auch schon mal Streiche spielen können. Aber ich will mich nicht herausreden. Es dauerte einfach. Glücklich und zufrieden schritt ich voran, fasste neuen Mut, doch noch irgendwann nach Dranglaec und ins Örtchen Majula - der zentrale Dreh- und Angelpunkt, das Tratsch-Mekka mit Shoppingmeile, Tauschplatz und Ausrüstungszentrum - vorzustoßen.

Von dort aus nämlich bewegt man seinen verfluchten Avatar durch die gigantische Spielwelt, die trotz ihres spröden Äußeren und ihrer gewagt trüben Farben einen gewissen Charme versprüht und Lust macht, Geheimnisse und Gräuel zu erkunden. Und wenn man von einigen Clippingfehlern, kleineren Rucklern etc. absieht, dann eröffnet sich dem sehr ambitionierten Spieler eine fantastische Welt. Fallweise verweilt man sogar und genießt – zum Beispiel wenn man den Drachenhort betritt und seine kühne Architektur bewundert.

Allerlei (un)logische Überarbeitungen
Ansonsten glänzt "Dark Souls 2" mit nicht immer logischen Überarbeitungen seines Vorgängers. Manches ist (fast) gleich geblieben: Immer noch gibt es keine Map, immer noch ist das Menü nicht bloß unschön, sondern auch unpraktisch. Immer noch hinkt das Spiel von der Aufmachung her aktuellen RPGs ein gutes Stück hinterher.

Einige Änderungen gibt es aber doch: So werden nun leichte Schäden an der Ausrüstung beim Rasten repariert, selbige hat auch keinen Einfluss mehr auf die Bewegungsgeschwindigkeit. Die Leuchtfeuer sind nun glücklicherweise uneingeschränkt bereisbar, allerdings trüben die langen Ladezeiten dazwischen das Gesamtbild ein wenig. Die Heiltränke, derer zu Spielbeginn nur mehr zwei im Säckle sind, bekommt man nach dem Tod nun zurück. 

Außerdem lassen sich die Lebenssteine jetzt auch in der Bewegung einsetzen. Und von den schmucken Ringen, die allerlei zauberhafte Nebenwirkungen besitzen, darf man sich nun vier gleichzeitig anstecken. Ach ja: Und jeder Tod schlägt nach der Wiedergeburt mit einem Minus am Lebensbalken zu Buche, bis dieser im schlimmsten Fall auf die Hälfte zusammengeschrumpft ist.

Rein der Vollständigkeit halber sei auch noch die Multiplayer-Option erwähnt, deren Server aber zum Testzeitpunkt noch inaktiv waren. Wichtigste Neuerung für Gruppenzocker: Ein Sprach-Chat wurde integriert.

Fazit: Immer noch wird der zentrale Anspruch erfüllt, dass "Dark Souls 2" ein knüppelharter Brocken ist, den geknackt zu haben man sich zu recht ein Leben lang rühmen darf. Die Bosskämpfe sind gnadenlos, die Zahl an Waffen und Ausrüstungsgegenständen nahezu unüberschaubar. Und es bleibt ein Spiel mit Strafphilosophie. Denn jede Höhle, jeder Nebel, jede Falle - überall lauert der Tod und man stirbt. Unweigerlich. Immer und immer wieder. Es ist eine Chaosfahrt, die einzig durch jene schon vergessen geglaubten Momente durchbrochen wird, die wohl viele der jüngeren Spielergeneration kaum noch kennen. Jene Momente, in denen tränennasse Mühsal, zeitraubende Hingabe und Schreiduelle mit dem Bildschirm durch wahre Triumphe aufgewogen werden. Und genau das ist es, was "Dark Souls 2" uns bietet - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Plattform: Xbox 360 (getestet), PS3, PC
Publisher: Namco Bandai
krone.at-Wertung: 7/10

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