Wenn die Realität die Fiktion übertrifft: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat ein Gnadengesuch an Präsident Yitzhak Herzog gestellt – und das, obwohl er noch gar nicht verurteilt worden ist. „Krone“-Kolumnist Robert Schneider findet das reichlich grotesk.
Ein wenig erinnert mich Benjamin Netanjahus Gnadengesuch beim Staatspräsidenten Yitzhak Herzog an die grandiose filmische Politsatire „Wag the Dog“ mit Dustin Hoffman und Robert De Niro. Die israelische Staatsanwaltschaft sieht den Vorwurf der Bestechlichkeit, des Betrugs und der illegalen Geschenkannahme durch Netanjahu und dessen Gattin als erwiesen an. Die Hauptverhandlung zieht sich nun schon über sechs Jahre hin. Sollte der Premier mit dem Gnadengesuch erfolgreich sein, würde dies einen Präzedenzfall in der israelischen Rechtsgeschichte darstellen. Noch nie hat nämlich ein Politiker um Gnade gebeten, ehe er rechtskräftig verurteilt war. In einem Brief an Yitzhak Herzog begründet Netanjahu sein Gnadengesuch damit, dass die Israelis „die hitzige Debatte, die sich um den Fall entwickelt hat“ satthaben.
Dass die ganze Sache wieder aufkocht, hängt offensichtlich mit der Waffenruhe in Gaza zusammen, weshalb sich der Focus wieder mehr auf den Premier richtet, an dessen politisches Überleben vor dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 niemand mehr so recht glauben wollte. Netanjahu hat durch seine beispiellose Racheaktion an den Palästinensern von seinen eigenen Problemen geschickt abgelenkt. Jetzt scheint diese Schonfrist aber vorbei zu sein.
Was mich eben an „Wag the Dog“ erinnert. Dort lenkt nämlich ein gewiefter PR-Berater (De Niro) kurz vor der US-Wahl von einem Sexskandal des Präsidenten ab und inszeniert mithilfe eines Hollywood-Produzenten (Hoffman) einen erfundenen Krieg gegen Albanien. Das Motto lautet: Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.
Vermutlich werden Benjamin Netanjahu und seine Anwälte diesen Film jetzt genau analysieren, denn Anfang des kommenden Jahres will sich Herzog zu dem Gnadengesuch äußern.
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