Die Gemeinden sehen sich als Verlierer im Finanzpakt mit dem Bund und den Ländern. Der Schuldenstand beträgt in Summe 23 Milliarden. Wie man diesem Problem beikommen kann, ohne Investitionen wegzulassen, ist die große Frage. Und sorgt für politische Spannungen.
2092. Eine beeindruckende Zahl. So viele Gemeinden gibt es in Österreich. Beeindruckend eine weitere Zahl – und beängstigend: 23 Milliarden Euro. Der Schuldenstand der Gemeinden bundesweit.
Allein von 2019 bis 2024 stiegen die Gemeindeschulden laut Agenda Austria um fast die Hälfte. Pro Kopf sieht es im Land Salzburg und in Kärnten noch am besten aus. Dort standen die Gemeinden 2023 durchschnittlich mit rund 600 Euro pro Kopf in der Kreide. Die Steiermark etwa liegt bei über 2000 Euro, Wien gar bei über 5000 Euro – die Stadt hat aber freilich auch Landesaufgaben zu erfüllen.
Fest steht: Den Gemeinden geht es nicht gut. Auch bei den jüngsten Verhandlungen mit Bund und Ländern (die dürfen immerhin mehr Schulden machen), fühlten sich die Bürgermeistervertreter außen vor. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) konnte auch keine optimistischen Prognosen erteilen.
„Die Umlagen bringen uns um“
Gemeindebundpräsident Johannes Pressl: „Die finanziellen Rahmenbedingungen sind angespannt. Gleichzeitig ist klar: Bund, Länder und Gemeinden müssen heuer einen gemeinsamen Sparkurs fahren, um den Gesamtstaat wieder auf Linie zu bringen.“
Bereits mehr als 50 Prozent der österreichischen Gemeinden sind sogenannte „Abgangskommunen“. Gebe es keine Erleichterungen, müsste drastisch bei Investitionen und Bürgerservice gespart werden, um die Vorgaben des Stabilitätspakts einhalten zu können, so Finanzexpertin Karoline Mitterer vom Zentrum für Verwaltungsforschung. Der Pleitegeier kreist bereits bedrohlich nahe. Ein wesentlicher Faktor seien die steigenden Umlagen. Städtebund-Vizepräsident Matthias Stadler (Bürgermeister von St. Pölten) drastisch: „Die Umlagen fressen die Steuereinnahmen auf und bringen uns um.“
Verblieben den Gemeinden 2019 noch 51 Prozent der im Finanzausgleich verteilten Steuermittel, ist der Wert wegen der Umlagen mittlerweile auf 42 Prozent gesunken und werde bis 2029 weiter auf 39 Prozent schrumpfen, so die Expertin, die zunächst eine Verringerung der Krankenanstaltenumlage um 25 Prozent fordert, was gleich einmal 520 Millionen einsparen würde.
Grundsteuer könnte schnelles Geld bringen
Zweiter zentraler Punkt ist eine Anpassung der nur den Kommunen zugute kommenden Grundsteuer. Bei den Ertragsanteilen gab es seit 2015 einen Anstieg um 40 Prozent, bei den Einnahmen aus der Grundsteuer aber nur um 24 Prozent. Eine Anhebung könnte mehrere Hundert Millionen bringen. Johannes Pressl ist an Bord: Seit 42 Jahren sei die Grundsteuer – dient dem Erhalt von Straßen, Grünanlagen etc. – nicht mehr valorisiert worden.
Der Gemeindebund schlägt hier mit dem Städtebund ein vereinfachtes Berechnungsmodell nach Flächen vor, das würde auch die Finanzämter entlasten. „Bis die Reform gesetzlich vollzogen ist, schlagen wir eine Erhöhung des Hebesatzes vor, um die Einnahmen aus der Grundsteuer um etwa ein Drittel zu steigern.“ Davon hält Finanz-Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) im Gespräch mit der „Krone“ nichts. Die Regierung habe erst heuer die Mietpreisbremse eingeführt, um die Teuerung im Bereich Wohnen zu bekämpfen. „Eine Erhöhung der Grundsteuer würde das genaue Gegenteil bewirken.“
Die Ökonomin Monika Köppl-Turyna (Eco Austria) sagt zur Misere der Gemeinden: „Der Stabilitätspakt ist ein Nebenschauplatz. Das größte Problem liegt in der Verteilung der Aufgaben. Es braucht Gesamtlösungsstrategien zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.“ Das klingt nach dem viel zitierten Bohren harter Bretter. Und diese Bretter sind nicht nur hart, sondern auch dick.
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.