„Krone“-Interview

Christina Kosik: „Ich habe mein Herz geklebt“

Musik
27.11.2025 06:00

Jahrelang hat sich die Linzerin Christina Kosik mit ihren Dialektpop-Songs und der „Gangband“ ein Standing aufgebaut – dann aber nach internen Querelen alles noch einmal auf null gestellt. So erscheint ihr Debütalbum „Geklebtes Herz“ jetzt verspätet und mit großteils anderen Songs. Der „Krone“ erzählt sie im ausführlichen Gespräch von der nicht einfachen Reise und den vielen Rückschlägen in ihrer Karriere.

kmm

Eigentlich hätte alles viel schneller und früher passieren sollen. Die Linzerin Christina Kosik ist in der heimischen Szene schon seit einigen Jahre bekannt. Zahlreiche Live-Auftritte, dazu Songs wie „Legenden“, „13“ oder „So vü mehr“ rotierten in den Playlists. Noch vor gut einem Jahr hätte ihr Debütalbum „13 schirche Kinder“ veröffentlicht werden sollen – am Ende blieb nichts davon übrig. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt ein Reset in musikalischer Hinsicht. Jahrelang spielte sie mit ihrer „Gangband“ das Land auf und ab, allerdings auf einer schiefen Ebene, wie sie der „Krone“ im Interview erzählt. „Das waren alles gestandene und tolle Musiker, die im Gegensatz zu mir wussten, wie das Business funktioniert. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich sie hatte und wir so viel gemeinsam erlebt haben, aber es gab den Moment, wo meine Grenzen nicht mehr respektiert wurden, und dann musste eine Trennung her. Wer zahlt, schafft an – es ist einfach so. Es war lange genug so, dass ich gezahlt habe und die anderen haben angeschafft.“ Kosik wacht eines Morgens auf und weiß, jetzt muss sich dringend was tun. Dafür diente ihr die Nummer „13“ als Befreiungsschlag. „Da merkte ich, dass niemand von der Band etwas bei dem Song spürt. So konnte es nicht weitergehen.“

Christina Kosik im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein.
Christina Kosik im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein.(Bild: Martin A. Jöchl)

Multipler Herzbruch
Die Band ist weg, die Motivation für einen Karriere-Neustart aber umso stärker vorhanden. Auf dem Majorlabel Warner Music erscheint dieser Tage – mit gehöriger Verspätung – nun endgültig das Debütalbum Kosiks. Unter dem Namen „Geklebtes Herz“ gibt sie dabei viele persönliche Einblicke in ihr Seelenleben der letzten sieben Jahre, die innerhalb und außerhalb der Musik eine echte Achterbahnfahrt darstellten. „Ich habe beschlossen, dass ich mehr geben muss. Ich habe dieselben Probleme und Sorgen wie andere Menschen auch. Das Album ist ein musikalisches Tagebuch der letzten sieben Jahre. Mir wurde auf jeder erdenklichen zwischenmenschlichen Ebene mein Herz gebrochen – jetzt habe ich es wieder zusammengeklebt.“ Die Nummern auf dem neuen Werk bewegen sich im bekömmlichen Radiolängenrhythmus, es gibt Austropop im Dialekt und mit moderner Produktion. Dafür ging Kosik zum einstigen Wanda-Erfolgsproduzenten Paul Gallister, der ihr gleich alle Instrumente einspielte und die „Gangband“ vergessen machte. „Man merkt den Songs an, dass ich ein schlimmes Jahr hatte und viel verarbeiten musste. Ich hätte mir bei vielen Dingen viel Zeit sparen können, aber in der Rückschau ist das immer leicht zu analysieren.“

Kosik ist die Tochter eines Heumarkt-Catchers und war mit ihrer älteren Schwester jahrelang bei einem Linzer Würstelstand tätig. Sie lässt sich von Rückschlägen nicht aufhalten und sieht sich als „Stehauf-Frau“. „Sonst hätte ich längst aufgegeben und wäre nicht mehr in der Branche. Über mich gibt es so viele Zeitungsartikel, Geschichten und Gerüchte – alles, was ich will, wäre, dass die Leute direkt zu mir kommen und mich nach meiner Seite der Geschichte fragen. Dann kann jeder selbst entscheiden, welche Wahrheit er für sich beansprucht.“ Dementsprechend beginnt das Album mit dem Song „Gerüchte“, indem Kosik noch einmal ein „Best-Of“ diverser Vorurteile und des Getuschels von außen zusammenfasst. „Ich bin komplett blauäugig und glaube immer an das Gute im Menschen. Ich bin noch immer der Meinung, dass man sein Herz nicht verschließen darf. Das Leben ist eine Berg- und Talfahrt, aber der Weg ist das Ziel. Wenn der Weg anstrengend ist, dann kann man am Ende wenigstens das schätzen, was man geschafft hat.“

Kosik im Büro ihrer neuen Plattenfirma Warner Music im 18. Wiener Gemeindebezirk.
Kosik im Büro ihrer neuen Plattenfirma Warner Music im 18. Wiener Gemeindebezirk.(Bild: Martin A. Jöchl)

Verbrannte Erde
Mit ihrer unverblümten Art macht sie sich in der Szene nicht nur Freunde, so gab es nachhaltige Diskrepanzen mit Seiler und Speer und deren Management, nachdem sie ihre gemeinsame Zeit mit Christopher Seiler im Song „Für di“ in ein Lied goss. Auch ihre „Gangband“ ließ nach dem Split von Kosik kein gutes Haar an ihr. „Sie sagten öffentlich, meine Familie und ich hätten sie schlecht behandelt. Das hat mir sehr wehgetan, weil wir alle aus eigener Tasche bezahlt haben. Wir haben Songs oft zu zweit oder dritt geschrieben und trotzdem habe ich die ganze Band eingetragen, die dadurch bis heute mitverdient.“ Mittlerweile sei mit fast allen alles ausgesprochen und geklärt. Welche Lehre würde Kosik aus den letzten sieben in diesem Album verbundenen Jahren schlussendlich ziehen? „Traue keinem Junkie“, so die 28-Jährige kryptisch, „ich bin mittlerweile ein komplett anderer Mensch als früher.“ Geschrieben hat Kosik das Album mit dem Songwriter David Slomo, der in einem Song wie „Oh, Tini“ die Außenposition ihrer Personenbeschreibung einnahm. Ein Lied wie „Leber Krank“ dreht sich um das bedingungslose Feiern, die „Hymne“ dient als solche für ihre Fans und sie selbst – es gibt auch zahlreiche Up-Tempo-Momente auf dem Werk.

Kosik ist es wichtig, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen, und so ehrlich und offen wie möglich mit Themen umzugehen. „Das Album ist für mich gleichzeitig ein Abschluss mit all den Themen, die mich lange beschäftigt haben. Am Ende des Tages möchte ich nichts missen und alles ist so gekommen, wie es hat kommen sollen. Ich bereue nur, dass ich vielen Dingen so lange nachgetrauert habe. Man muss schneller abhaken, wieder aufstehen und weitermachen. Die Lebenszeit ist für solche Dramen viel zu kurz.“ Überrascht über die Direktheit in den Songs war offenbar auch Frau Mama. „Sie fragte mehrmals, ob das mein Ernst sei“, lacht Kosik, „aber sie will mich nur schützen. Es ist gut gemeint. Wir leben in einer Fake-Welt, wo alle immer das perfekte Leben darstellen und auf dem Weg dahin vergessen wir gerne, dass wir echte Menschen sind, mit Gefühlen, Sorgen und Ängsten. Jeder projiziert sein eigenes Scheitern und seine eigene Wut gerne auf andere Menschen, aber das fängt immer bei einem selbst an.“ Ganz allgemein soll ihr Album eine Einladung zu mehr Kommunikation sein. „Alles ist heute toxisch und man wird sofort gecancelt. Wie wäre es mit Zuhören und miteinander reden? Mit Aushalten von anderen Meinungen? Wenn ich ein falsches Pronomen benutze, mache ich das doch nicht absichtlich.“

Kosik hat die musikalischen Regler noch einmal auf null gestellt – und startet jetzt von vorne ...
Kosik hat die musikalischen Regler noch einmal auf null gestellt – und startet jetzt von vorne durch.(Bild: Martin A. Jöchl)

Zwischen Bosna und Musik
Was ist denn nun eigentlich schwieriger? Die perfekte Bosna zu machen oder den besten Song zu schreiben? „Meine Schwester macht die beste Bosna. Dort hast du irgendwann das perfekte Rezept und den Dreh raus – beim Songwriting ist das nie der Fall. Musikmachen ist immer wie Lotto spielen. Ob ein Song aufgeht oder nicht, das weißt du nie. Die perfekte Bosna hast du irgendwann im Ärmel.“ Einen Plattenvertrag und auf die Bühne wollte Kosik immer – nach vielen Jahren haben sich jetzt beide Wünsche fürs Erste erfüllt. „Musik kann man nicht nebenbei machen, da muss man immer aufs Ganze gehen. Wenn du Künstler bist, bist du Künstler – aber mit Haut und Haaren. Dann hängt dich voll rein und konzentriere dich nicht auf einen Plan B. Du bist nicht die einzige Person, die lange nichts dabei verdient.“ „Geklebtes Herz“ ist für Kosik, die damit 2026 auch auf Tour gehen wird, ein Befreiungsschlag. „Ich will, dass die Leute wissen, wer ich bin. Mir wird immer nachgesagt, ich mache alles nur, um Aufmerksamkeit zu kriegen. Jetzt habe ich mein Herz geklebt und es ist meine persönliche Superkraft. Es hat Ecken und Kanten, weil jede Scherbe anders aussieht, aber es ist ehrlich und authentisch. Natürlich kann es wieder brechen, aber jetzt weiß ich, wie man es richtig klebt.“

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