„Ein Jahr Schwarz-Blau: Chaos, Stillstand, Vertrauensverlust – Regieren ohne Richtung“, diesen wenig schmeichelhaften Titel hatten die Neos für die Aktuelle Stunde des Vorarlberger Landtags am Mittwoch gewählt. Das Klagen der Opposition über die Entscheidungen der Landesregierung ist nach Bekanntwerden von Details der Spitalsreform besonders laut.
Die pinke Parteichefin und Klubobfrau Claudia Gamon ließ zu Beginn der Landtagssitzung kein gutes Haar an der Regierungsarbeit: Die Schulden würden steigen, bei der Verwaltungsreform herrsche Stillstand, bei der Pflege gebe es Wartelisten statt Lösungen, im Sozialbereich Kürzungen statt Reformen. Bei der Bildung sei man von Chancengerechtigkeit weit entfernt. Gelder für Radwege würden gestrichen, in Sachen Führerschein-Causa warte man immer noch auf Antworten und eine Entschuldigung.
„Spitalsreform kann niemand nachvollziehen“
Das Tüpfelchen auf dem i sei die jüngst verkündete Spitalsreform und das Vorhaben, die Geburtenstation in Dornbirn zu schließen. Die Gründe dafür könne niemand verstehen, Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) sei der Bevölkerung eine Erklärung schuldig geblieben. „Die FPÖ hält sich höflich zurück. Und die ÖVP regiert wie immer – besserwisserisch und selbstgefällig“, polterte Gamon.
In der Folge erweiterte SPÖ-Klubobmann Mario Leiter die Liste jener Themen, die in der Vergangenheit für Unmut bei den Oppositionsparteien gesorgt hatten und verwies auf die „Öffi-Strafgebühr“ für jene, die sich ihr Ticket erst im Bus kaufen wollen, auf die zugesagte, aber nie ausbezahlte Förderung für die Wildtierhilfe und auf fehlende leistbare Wohnungen. Auch er ging auf die geplante Verlagerung der Geburtshilfe ein und verwies auf eine entsprechende Petition für den Erhalt der Abteilungen. „Über 21 Prozent der Wahlbeteiligten haben diese unterschrieben“, betonte er.
Die FPÖ hält sich höflich zurück. Die ÖVP regiert wie immer – besserwisserisch und selbstgefällig. Es ist ihr offenbar nicht bewusst, dass die Bevölkerung vieles anders sieht.
Claudia Gamon
Daniel Zadra, Klubchef der Grünen, ärgerte sich vor allem über die Kürzungen im Sozialbereich: „Das Spitalschaos wird ein Lehrbuch-Beispiel werden, wie man Dinge nicht angehen sollte“, ist er überzeugt.
Wirtschaftliche Lage erschwert die Situation
FPÖ-Klubobmann Markus Klien versuchte, den Spieß umzudrehen – und die Grünen für einiges verantwortlich zu machen, was im Ländle nicht so ganz rund läuft. Nach zehn Jahren Schwarz-Grün würden Reformprozesse ihre Zeit brauchen. Zudem verwies Klien auf die schwierige wirtschaftliche Lage in der EU. „Husten die Deutschen, bekommen die Österreicher eine Grippe“, verdeutlichte er. In so einem Umfeld sei es nicht möglich, ein Wirtschaftswunder herbeizuzaubern. „Der Sparkurs wird weitergehen, zugleich wird in wichtige Zukunftsprojekte investiert.“
Wo Menschen Unterstützung brauchen, wird der Rotstift angesetzt. Die Sozialeinrichtungen müssen sparen, dazu gibt es aber keinen Dialog, sondern Serienbriefe. So geht man einfach nicht mit Partnern um.
Daniel Zadra
Als solches sehen die Freiheitlichen auch den Feldkircher Stadttunnel, dessen Bau FPÖ-Parteichef und Verkehrslandesrat Christof Bitschi kurz darauf verteidigte. „Der Tunnel kostet in Summe weniger, als das Sozialbudget in einem Jahr ausmacht“, betonte er. Auch die Spitalsreform sei notwendig und „längst überfällig“.
Politische Reformprozesse brauchen Zeit. Wir haben die notwendige Trendwende eingeleitet. Viele Einsparungen wurden im laufenden Budget vollzogen, der Sparkurs wird weitergehen, während in wichtige Zukunftsprojekte investiert wird.
Markus Klien, FPÖ
„Sehr verträumte Budgetpolitik“
ÖVP-Klubobfrau Veronika Marte verwies darauf, dass rund 70 Prozent des Budgets für die Bereiche Gesundheit, Soziales, Bildung und Wohnen ausgegeben würden. Diesen Ball nahm Landeshauptmann und Finanzreferent Markus Wallner auf. „Wenn 70 Prozent in Bereiche des sozialen Zusammenhalts fließen, sind unsere Prioritäten schon richtig gesetzt“, befand er. Und wenn gefordert werde, Ausgaben für wirtschaftlich notwendige Investitionen zu stoppen, während man gleichzeitig Kostenexplosionen in anderen Bereichen zulasse, sei das eine „sehr verträumte Budgetpolitik“.
Es ist weder angebracht, alles schlecht zu reden noch in dieser Tonlage zu kommunizieren. Es ist nicht die Zeit, sich auf die Schulter zu klopfen, aber auch nicht die Zeit, um sich zu streiten.
Markus Wallner
Grundsätzlich sei es weder angebracht, alles schlecht zu reden noch in dieser Tonlage zu kommunizieren, ärgerte sich Wallner nicht nur über den Titel der Aktuellen Stunde. „Es ist wesentlich, dass wir den zarten Wirtschaftsaufschwung unterstützen“, erklärte der Landeshauptmann. Parallel dazu sei es wichtig, in Sicherheit, die Energiewende und eben in den sozialen Zusammenhalt zu investieren. Was die Spitalsreform angeht, betonte er, dass keine Strukturen zerstört würden. „Es wird eine Geburtshilfe und Frauenheilkunde in gewöhnter Qualität im Unteren Rheintal geben.“
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