Mega-Demo in Israel
Hunderttausende Ultraorthodoxe gegen Wehrpflicht
Zahlreiche schwarz gekleidete Männer drängten sich am Nachmittag vor allem an der zentralen Einfahrt nach Jerusalem. Sie trugen Spruchbänder mit Aufschriften wie "Rette mich vor meinem Bruder". Laut Medienberichten seien zwölf Menschen bei Konfrontationen leicht verletzt worden. Vor der Großdemonstration hatte die Polizei in Jerusalem ihre Präsenz verstärkt, 3.500 zusätzliche Sicherheitskräfte waren im Einsatz. Es kam zu erheblichen Verkehrsbehinderungen, zahlreiche Straßen in und nach Jerusalem waren gesperrt.
Ultraorthodoxe: Wehrpflicht erschwert Ausübung des Glaubens
Strengreligiöse Juden verweigern in der Regel den Armeedienst mit der Begründung, er erschwere ihnen die Ausübung ihres Glaubens. So gibt es in der Armee etwa keine Trennung zwischen Männern und Frauen, zudem gibt es häufig Einsätze am Samstag - für religiöse Juden ein heiliger Ruhetag.
Vor zwei Jahren hatte Israels höchstes Gericht entschieden, dass die Freistellung tiefreligiöser Juden vom Militärdienst verfassungswidrig ist. Die derzeitige Regelung stammt noch aus der Zeit der Staatsgründung im Jahr 1948. Damals gab es nur rund 400 solcher Fälle pro Jahr. Mittlerweile ist die Geburtenrate in ultraorthodoxen Familien jedoch wesentlich höher als in westlich geprägten, weniger religiösen Teilen der Bevölkerung. Heute liegt die Zahl der ultraorthodoxen Männer, die vom Wehrdienst befreit sind, nach Angaben der Tageszeitung "Yedioth Ahronoth" schon bei 60.000 bis 70.000.
An dem Streit über die Wehrpflicht war im Jahr 2012 die große Koalition des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zerbrochen. Der nunmehrige Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Wehrpflicht schrittweise auch auf ultraorthodoxe Männer ausgeweitet wird. In diesem Jahr sollen zunächst 3.800, 2015 dann 4.500 und 2016 5.200 streng religiöse Rekruten eingezogen werden. Erst von Juli 2017 an soll die Wehrpflicht für alle ultraorthodoxen Männer im entsprechenden Alter gelten.
Minister sieht "Korrektur einer historischen Ungerechtigkeit"
Eine der treibenden Kräfte des Gesetzesentwurfs ist der Vorsitzende der Zukunftspartei, Finanzminister Jair Lapid. Er sprach im vergangenen Monat nach der Billigung des Entwurfs durch einen Ministerausschuss von der "Rückkehr des Zionismus" und der "Korrektur einer historischen Ungerechtigkeit".
Besonderen Zorn in strengreligiösen Kreisen löste die Drohung der Regierung mit Haft für Wehrdienstverweigerer aus. Viele Ultraorthodoxe sprechen sich dafür aus, dass in Israel eine Berufsarmee nach dem Vorbild zahlreicher europäischer Länder geschaffen wird.
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