Trotz Protesten

Wallner und Rüscher ziehen Spitalspläne durch

Vorarlberg
06.11.2025 16:20

Trotz einer Petition mit knapp 57.000 Unterschriften und lauten Protesten vor dem Landhaus wird im Zuge der Spitalsreform die Geburtenstation von Dornbirn nach Bregenz wandern. Das ist nur eine von vielen Maßnahmen, die langfristig auch die Kosten für das Gesundheitssystem dämpfen sollen. 

Ruhig und sachlich erklärte Landeshauptmann Markus Wallner am Donnerstag, weshalb die in den vergangenen Tagen heftig diskutierte Spitalsreform unumgänglich ist. Zum einen könne man die Augen nicht vor dem demografischen Wandel und seinen Folgen verschließen: Bereits 2050 werden 27 Prozent der Vorarlberger Bevölkerung, die dann auf über 450.000 Menschen angewachsen sein wird, älter als 65 Jahre sein – und sie werden viermal mehr Gesundheitsleistungen benötigen als Jüngere.

Zum anderen würde das System durch Fortschritte in der Medizin und Spezialisierungen auch in Zukunft nicht billiger. „Wir wollen rechtzeitig reagieren, proaktiv und verantwortungsvoll planen. Dafür braucht es den Mut, Entscheidungen zu treffen“, betonte er.

Einiges an Gegenwind musste in den vergangenen Wochen bereits Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher aushalten. Nachdem erste Maßnahmen wie beispielsweise die Schließung der Geburtenstation Bludenz und zuletzt auch jener in Dornbirn durchgesickert waren, schossen die Vertreter der Oppositionsparteien scharf gegen die ÖVP-Politikerin.

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Wir können die Augen vor Dingen wie dem demografischen Wandel und dessen Folgen nicht verschließen. Wir wollen rechtzeitig reagieren, proaktiv und verantwortungsvoll planen.

Markus Wallner

„Wir haben Unsicherheit produziert“
Diese machte zeitweise auch in Sachen Kommunikation keine besonders gute Figur, was sie am Donnerstag mit der Art des Prozesses begründete: „Wir haben damit Unsicherheit produziert, das ist mir bewusst. Aber wir haben ergebnisoffen diskutiert.“

Rüscher verwies darauf, dass die Reform kein Schnellschuss, sondern Ergebnis eines „intensiven Prozesses“ sei, der bereits 2014 begonnen habe. Zahlreiche Experten und Vertreter des Gesundheitssystems seien eingebunden und um Feedback gebeten worden.

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Ich habe Verständnis für die Sorgen, die mit der Verlagerung der Geburtenstation verbunden sind. Ich verspreche, dass die Versorgung gewährleistet ist.

Martina Rüscher

Was die aktuelle Diskussion um die Schließung der Dornbirner Geburtenstation angeht, betonte Rüscher, dass es sich lediglich um eine Verlegung nach Bregenz handle. „Ich habe Verständnis für die damit verbundenen Sorgen. Ich als Frau würde es aber nie zulassen, dass die Versorgung nicht gewährleistet wird. Das ist mein Versprechen.“

„Unnötiger Marathon“
So ganz zufrieden mit der Verlegung der Geburtshilfe sowie der Kinder- und Jugendheilkunde schien aber auch Primar Michael Rohde nicht zu sein. Während drei andere Vertreter der Landeskrankenhäuser die Vorteile der Spitalsreform priesen, machte der Leiter der Gynäkologie und Geburtshilfe in Bregenz und Dornbirn seinem Ärger über die Wahl des „schwierigeren Weges“ Luft: „In den vergangenen drei Jahren haben wir auf Dornbirn gesetzt. Dort wurde ein Brustgesundheits- und ein Beckenbodenzentrum aufgebaut“, berichtete er. Nachdem man drei Jahre lang einen „unnötigen Marathon“ in die eine Richtung absolviert habe, gehe es nun in die andere. „Das wird ein arbeitsreicher Weg, der viel Unterstützung braucht. Die Landesrätin hat diese zugesichert. Wir werden sie beim Wort nehmen.“

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Nachdem man drei Jahre lang einen unnötigen Marathon in die eine Richtung absolviert hat, geht es nun in die andere. Das wird ein arbeitsreicher Weg, der viel Unterstützung braucht.

Michael Rhode

Warum sich die Verantwortlichen dafür entschieden haben, die Geburtshilfe und Gynäkologie und nicht die Orthopädie und Traumatologie nach Bregenz zu verlegen, begründete Rüscher damit, dass der „Träger in Dornbirn“ keine klare Präferenz kundgetan habe. Die Messestädter wollten lediglich alle der genannten Abteilungen behalten, das aber sei keine Option gewesen.

Was sich genau für die einzelnen Fachgebiete ändern wird, präsentierte Johannes Hohenauer, Health Care-Experte und Mitglied des Aufsichtsrats bei der Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft. So wird es im Ländle künftig nur mehr jedes Fach einmal im Norden und im Süden des Landes geben. Das Landeskrankenhaus Feldkirch wird weiterhin Schwerpunktspital bleiben – hier werden auch jene Fächer angesiedelt, die für eine Teilung aufgrund zu geringer Fallzahlen zu klein wären.

Fachgebiet und Maßnahmen

  • Gynäkologie und Geburtshilfe: Verlagerung von Bludenz nach Feldkirch sowie von Dornbirn nach Bregenz
  • Pädiatrie: Eltern-Kind-Schwerpunkt in Bregenz
  • Orthopädie und Traumatologie: Verlagerung von Bregenz nach Dornbirn
  • Urologie: vollständige Verlagerung nach Feldkirch bis 2030
  • Neurologie: Verlagerung der Akut-Neurologie von Rankweil nach Feldkirch
  • Psychiatrie: stationäre Versorgung in Rankweil; neues Angebot für Kinder- und Jugend-Psychosomatik
  • Dermatologie: Verlagerung von Feldkirch nach Hohenems
  • Augenheilkunde: Verlagerung ambulanter Eingriffe für das Unterland von Feldkirch nach Bregenz
  • Onkologie: Verlagerung von Rankweil nach Feldkirch; Aufbau einer tagesklinischen Versorgung im Unterland
  • Anästhesie: Optimierung der Notfallaufnahmen
  • Radiologie: Anpassung Grundversorgung im Unterland; Einrichtung eines zweiten MRT in Feldkirch
  • Chirurgie: Entwicklung eines ambulanten OP-Bereichs in Feldkirch
  • Neurochirurgie: Etablieren eines Traumanetzwerks Tirol/Vorarlberg
  • Innere Medizin: keine Änderung der Struktur
  • Akutgeriatrie: neue Einrichtungen im Ober- und Unterland
  • Nachsorge: Synergieplanung mit Remobilisation
  • Strahlentherapie: vierter Linearbeschleuniger in Feldkirch 

Was die finanziellen Folgen der Spitalsreform angeht, rechnet Johannes Hohenauer durch die Standortbündelung mit einem Einsparpotenzial von rund 10,9 Millionen pro Jahr. Allein die Zusammenführungen im Unterland würden jährlich 6,7 Millionen Euro an Einsparungen mit sich bringen. Die dafür nötigen Investitionen sollten sich nach drei Jahren amortisiert haben. Nicht eingerechnet sind dabei aber die baulichen Anpassungen, die laut Rüscher im dreistelligen Millionenbereich liegen dürften.

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