Der überraschende Aufstieg des demokratischen Sozialisten Zohran Mamdani zum Bürgermeister von New York City hat bei linken Parteien in Europa für Aufsehen gesorgt. Mamdanis Sieg wird als Hoffnungsschimmer und mögliche Vorlage dafür gesehen, wie mit einer unverblümt linksradikalen Agenda das Blatt gegen rechte Kräfte gewendet werden kann. Von London bis Wien bejubelten Parteien am Mittwoch den Erfolg des 34-Jährigen.
Seine viralen Videos und Versprechen von Mietpreisbremsen und Reichensteuern in einer Stadt, die als Leuchtturm des globalen Kapitalismus gilt, fanden bei den Wählern Anklang.
SPÖ-Chef Andreas Babler gratulierte dem neugewählten Bürgermeister via X: „Er hat einen beeindruckenden Wahlkampf geführt und sich für bezahlbares Wohnen eingesetzt. Sein Erfolg zeigt, wie wichtig soziale Politik ist – in New York genauso wie bei uns.“
Deutsche Linke „bereits in Kontakt“
In Deutschland sieht die Partei Die Linke Parallelen und schöpft Hoffnung für die Landtagswahlen im kommenden Jahr. „Die Probleme, mit denen die Menschen in New York konfrontiert sind, ähneln sehr denen, die wir hier in Deutschland an den Haustüren hören“, sagte Linken-Co-Parteichef Jan van Aken der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Mieten sind unbezahlbar, und die Preise für Lebensmittel, Strom, Heizung und öffentliche Verkehrsmittel steigen schneller als die Löhne.“
Man stehe in engem Kontakt mit Mamdani und dessen Team. „Seine Kampagne ist wie eine Blaupause für die Wahlen im nächsten Jahr“, sagte van Aken mit Blick auf die anstehenden Abstimmungen etwa in Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. „Zohran Mamdanis Sieg gibt uns Rückenwind.“
Die Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion, Heidi Reichinnek, sieht das ähnlich: „Seine Kampagne zeigt zahlreiche Parallelen zu dem, was auch der Linken im Bundestagswahlkampf zu neuer Stärke verholfen hat: Zu den Menschen an die Haustüren gehen, auf Augenhöhe mit ihnen sprechen – egal ob am Infostand oder in den sozialen Medien.“ Reichinnek hatte selbst mit lockeren Reden und TikTok-Videos ihrer Partei bei der Bundestagswahl im Februar zu einem überraschend guten Ergebnis verholfen. „Genau wie die Kampagne der Linken basiert auch Mamdanis Kampagne klar darauf, die Wut der Menschen aufzugreifen und ihnen eine positive Vision zu geben, dass es auch anders geht.“ Es sei zudem beeindruckend gewesen zu sehen, wie Mamdani mit den Angriffen der politischen Gegner umgegangen sei: „Faktenbasiert, humorvoll, ehrlich. Genau das ist für linke Parteien weltweit ein Vorbild.“
„Hoffnung über den Hass triumphiert“
In anderen europäischen Ländern wird der Wahlausgang ähnlich genau beobachtet. Zack Polanski, Chef der Grünen Partei in England und Wales, nannte den Sieg einen Beweis dafür, dass „die Hoffnung über den Hass triumphiert hat“. Es gehe darum, das Leben der Menschen zu verbessern und die Ungleichheit zu bekämpfen. „Lasst uns die Rechnungen der Leute senken und Multimillionäre und Milliardäre besteuern“, sagte Polanski.
In Frankreich, wo 2027 Präsidentschaftswahlen anstehen, zeigte sich Manon Aubry von der linksextremen Partei La France Insoumise (LFI) ermutigt. „Endlich eine Lektion für die Linke überall: Man gewinnt nicht, indem man den Wirtschaftsliberalismus verwässert, sondern indem man ihn mit Händen und Füßen bekämpft“, schrieb sie auf der Plattform X.
„Bei ihren eigenen Kernthemen bleiben“
Politikwissenschaftler sehen in dem Ergebnis eine Bestätigung für strategische Überlegungen. Philipp Koeker von der Universität Hannover erklärte, der Sieg zeige, dass Parteien, die Wahlen gewinnen wollten, „bei ihren eigenen Kernthemen bleiben und eigene Lösungen für aktuelle Probleme präsentieren sollten, anstatt die extreme Rechte durch die Übernahme von einwanderungsfeindlicher Politik zu imitieren“. Eine der robustesten Erkenntnisse der Politikwissenschaft der vergangenen Jahre sei, dass die Übernahme rechtspopulistischer Narrative durch etablierte Parteien nur die extreme Rechte gestärkt habe.
Der Erfolg Mamdanis, New Yorks erster muslimischer Bürgermeister, wird auch auf seinen geschickten Umgang mit sozialen Medien zurückgeführt. Ein Video, in dem er im Anzug in das eiskalte Wasser vor Coney Island sprang und den New Yorkern zurief „Ich friere ... eure Mieten ein“, ging viral. Es ist diese Mischung aus unkonventionellen Aktionen und einer klaren Fokussierung auf die Lebenshaltungskosten, die linke Strategen in Europa als Schlüssel zum Erfolg ansehen.
Warnung vor verfrühtem Optimismus
Trotz der Euphorie warnen Beobachter jedoch vor verfrühtem Optimismus. „Jetzt kommt der schwierige Teil“, sagte James Schneider, ein ehemaliger Kommunikationsdirektor der britischen Labour-Party. Die Wahlversprechen in die Tat umzusetzen, werde eine große Herausforderung. US-Präsident Donald Trump hat bereits gedroht, der Stadt New York als Reaktion auf Mamdanis Wahl die Mittel zu kürzen. Zudem hofft die Finanzwelt an der Wall Street, dass der neue Bürgermeister nicht in der Lage sein wird, seine drastischen Veränderungen durchzusetzen.
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