"Krone"-Interview

Vance Joy: “Bin geboren, um Musik zu machen”

Musik
24.02.2014 12:00
Hierzulande noch ein unbeschriebenes Blatt, ist dem jungen Folk-Pop-Musiker Vance Joy in seiner Heimat Australien bereits eine ausverkaufte Club-Tour gelungen. Mit leichtfüßig-fröhlichen Songs und seiner EP "God Love You When You're Dancing" im Gepäck erobert er nur auch Europa im Sturm. Im "Krone"-Gespräch erzählte der sympathische Lockenkopf, wie lange es noch bis zum ersten Album und die Österreich-Livepremiere dauert, weshalb er sich gerne in Metaphern verliert und warum Tanzen etwas Göttliches ist.
(Bild: kmm)

"Krone": Vance, deine Karriere begann in der Open-Mic-Szene in Melbourne – woran erinnerst du dich noch?
Vance Joy: Ich weiß noch genau, wie nervös ich war, schließlich war es das erste Mal, dass ich meine Songs vor fremden Leuten präsentiert habe. Es war sogar ein großes Ding für mich, vor nur vier oder fünf Leuten zu spielen. Ich habe schon daran geglaubt, dass meine Songs gut sind, aber je mehr du dich um solche Sachen kümmerst und versuchst, so gut wie möglich zu sein, umso nervöser wirst du selbst und schwieriger wird die ganze Geschichte.

"Krone": Wie hat diese Zeit deine musikalische Erziehung geprägt?
Joy: Die wichtigste Erfahrung war sicherlich das Performen vor Menschen. Auch wenn du nervös oder sogar verängstigt bist, musst du einfach deinen Arsch hochkriegen und die Show spielen. Nervös zu sein ist einfach nur ein Teil des Ganzen und kann sogar gesund sein, um sich stetig zu verbessern. Ich bin als Künstler einfach gewachsen, weil ich das alles von Anfang an mitgemacht und mich jeder Herausforderung gestellt habe.

"Krone": Bist du jetzt noch immer nervös auf der Bühne?
Joy: Das kommt darauf an. Sind wirklich viele Leute im Raum oder muss ich Songs spielen, die ich vielleicht noch nicht oft geprobt habe, dann fällt es mir teilweise noch immer schwer. Aber je öfter du dich selbst auf die Bühne stellst und singst, umso einfacher und angenehmer wird es mit der Zeit.

"Krone": Mehr Publikum musst du jetzt wohl gewohnt werden. Mit deiner EP "God Loves You When You're Dancing" konntest du in deiner australischen Heimat eine ganze Club-Tour ausverkaufen. Hast du mit einem derartig fulminanten Feedback auf dein Debüt gerechnet?
Joy: Nie und nimmer. Ich bin geboren, um Musik zu spielen und aufzunehmen. Dass ich auch Liveshows spiele, ist im Prinzip einfach passiert. Dass es jetzt möglich ist, in vollen Clubs zu spielen, wo sich die Leute drängen, ist einfach nur ein schöner Bonus.

"Krone": Nun bist du drauf und dran, in Europa durchzustarten. Dennoch kennen dich hier noch nicht viele Menschen. Ist es schwierig, Menschen zu faszinieren, die dich noch nicht wirklich auf dem Radar haben?
Joy: Ja, aber das mag ich auch. Wenn du selbstsicher bist, dir und deiner Musik vertraust, dann gibt es auch keinen Grund, sich über irgendetwas Sorgen zu machen. Ich glaube an mich und meine Songs und bin mir sicher, dass ich die Leute dafür interessieren kann, sie vielleicht sogar an mich ziehen kann. Auch wenn es immer andere und neue Leute sind – du selbst bist ja stets die gleiche Person, die im gleichen Maße an die eigene Musik glaubt. Die Reaktionen der Menschen sind dann oft ähnlicher, als man vielleicht glauben mag.

"Krone": Welche Inspirationen haben dich zu deinem verträumten Folk-Pop animiert?
Joy: Verschiedene australische Musiker genauso wie der legendäre Horror-Autor Stephen King. Ich bin zudem verrückt nach Filmen, sehe mir sehr viele an und werde dadurch immer zu Themen und Texten motiviert. Ich mag Popmusik genauso wie klassische Musik und natürlich Bob Dylan. Da ist bei mir überhaupt nichts auf etwas beschränkt.

"Krone": Der EP-Titel klingt religiös und fröhlich. Tanzt du selbst sehr gerne?
Joy: Auf jeden Fall. Es ist schön, wenn die Songs zum Tanzen verleiten, und ich bin prinzipiell der Meinung, dass ein Song dann gut funktioniert, wenn du einfach tanzen musst. Wenn dich ein Song zum Tanzen bringt, ist das eines der schönsten Gefühle der Welt.

"Krone": Bist du eine sehr religiöse Person, nachdem du Gott in den EP-Titel gepackt hast?
Joy: Ich wollte nicht unbedingt etwas Religiöses damit aussagen, der Titel steht eher metaphorisch dafür, dass du, wenn du tanzt, nicht mehr denkst, dich einfach fallen lässt und es eben tust. Irgendetwas in deinem Körper sagt dir, dass du dich bewegen musst und ich finde, das gehört zu den schönsten natürlichen Sachen, die uns Menschen gegeben sind. Die Verbindung zum Titel kann ich am besten so erklären, dass Gott oder die Religion ja oft als perfekt präsentiert werden. Wenn du aber tanzt und Spaß hast, völlig locker und unbeschwert bist, ist das auch eine nahezu perfekte Situation. Tanzen ist in gewisser Weise etwas Göttliches und mit Sicherheit eine spirituelle Erfahrung.

"Krone": Die erste bekannte Single von dir nennt sich "Riptide" – was steckt hinter diesem Song?
Joy: Ich habe schon 2008 begonnen, an dem Song zu schreiben, und ihn dann wieder verworfen, weil ich ihn immer als unfertig betrachtete. 2012 habe ich dann die Melodie dazugeschrieben und sie mit den ersten Songzeilen verbunden. Er hat wirklich lange gebraucht, aber schlussendlich hat er so doch gut funktioniert.

"Krone": Worauf spielt der Text an?
Joy: Ich erzähle keine bestimmte Geschichte, sondern habe einfach alle möglichen Erfahrungen und Erlebnisse hineingepackt. Ich würde "Riptide" durchaus als Patchwork-Song bezeichnen. Ich kann dir aber nicht erklären, wie er schlussendlich fertig wurde – das passierte einfach.

"Krone": "Play With Fire" ist ein anderer interessanter Titel. Spielst du auch gerne mit dem Feuer?
Joy: Nein, der Song ist eher eine Metapher für jemanden, der davon spricht, Risiken auf sich zu nehmen. Es spielen Menschen mit dem Feuer, die immer davon reden, etwas zu riskieren oder etwas Mutiges zu versuchen. Meistens tun sie das dann doch nicht, versuchen aber, jemanden anderen davon zu überzeugen, die eigenen Ideen umzusetzen. Es geht um Typen, die ihr Herz nicht vollständig in eine Sache legen.

"Krone": Die Songs auf der EP spiegeln also nicht dein eigenes Leben wider?
Joy: Es gibt Songzeilen, die ich gut mit meinen eigenen Erfahrungen verknüpfen kann, aber im Prinzip drehen sich die Texte nicht um mich und mein Leben. Wie ich schon sagte, lasse ich mich von verschiedenen Kunstrichtungen inspirieren und singe gerne über Menschen, die sich um mir herum befinden.

"Krone": Wie lange hast du an den Songs gefeilt?
Joy: Es gibt keine exakte Zeitperiode. Manche Songs haben mehr als ein Jahr gebraucht, bis sie endgültig fertig waren, andere hatte ich in wenigen Monaten beisammen.

"Krone": Das Folk-Pop-Genre ist mittlerweile auch bei den jüngeren Menschen wieder sehr populär geworden. Was ist für dich das Wichtigste am Musikmachen?
Joy: Es ist wichtig, dass du an deine Musik glaubst. Gute Qualität ist dabei unerlässlich, aber du solltest niemals Musik für Menschen machen, sondern in erster Linie selbst glücklich damit sein.

"Krone": Dauert es sehr lange, bis du mit einem Song zufrieden bist?
Joy: Das kann schon passieren. Es gibt auch Songs, die ich am Anfang gar nicht ausstehen kann, im Laufe der Zeit aber lieb gewinne. Du merkst aber recht schnell an zwei wichtigen Punkten, wie ein Song funktioniert. Einerseits musst du einfach selbst damit zufrieden sein, andererseits siehst du die Reaktion des Publikums.

"Krone": In einem Interview hast du gesagt, dass du Anfang 2014 ein volles Album veröffentlichen möchtest. Wie sieht es damit aus?
Joy: Ich habe noch ein paar Wochen daran zu feilen, aber bis Mitte des Jahres sollte es soweit sein.

"Krone": Was erwartet uns?
Joy: Das Album wird sich nicht stark von der EP unterscheiden. Ich habe eine ähnliche Interpretation der Songs und auch die Instrumentierung wird bestimmt nicht stark von der EP abweichen.

"Krone": Wann kommst du damit nach Österreich?
Joy: Das ist eine gute Frage, aber ich hoffe, dass es im nächsten oder übernächsten Jahr endlich so weit sein Joy: Ich weiß, dass ihr in Europa seid und dass Arnold Schwarzenegger und "The Sound Of Music" aus eurem Land stammen. Ich habe bislang nur die rudimentären Kenntnisse, deswegen wird es auch Zeit, dass ich persönlich vorbeikomme und mir ein genaueres Bild von Österreich machen kann. Ich habe unlängst auch Deutschland das erste Mal besucht und liebe diesen Staat.

"Krone": Wenn du in Europa oder auch den USA den großen Durchbruch schaffen willst, wird es wohl unerlässlich sein, dass du von Australien wegziehst. Ist das eine Option für dich?
Joy: Ich denke schon. Ich mag Europa wirklich sehr gerne. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob ich etwa dauerhaft in London leben möchte, bin mir aber genauso bewusst, dass dort einfach eine lebendige Musikszene herrscht. Ich hätte auch kein Problem mit kleineren, ruhigeren Plätzen. Ich muss einen solchen Schritt aber natürlich stark abwägen.

"Krone": Du stehst jetzt am Anfang einer vielversprechenden Karriere – welche Ziele hast du dir für die nähere Zukunft gesetzt?
Joy: Ich will einfach so oft wie möglich auf der Bühne stehen und mir den Spaß an der Sache behalten. Wichtig ist mir aber auch, Urlaube zu machen, zurückzuschalten und mich um die Menschen zu kümmern, die mir am Herzen liegen.

"Krone": Abschließend – was war der beste und der schlimmste Moment deiner Musikerkarriere?
Joy: Schwer zu sagen. Die besten Momente sind immer die unerwarteten. Wenn deine Erwartungen in irgendeiner Form übertroffen werden und du nicht mit gewissen Vorfällen rechnest. Am schlimmsten war wohl der erste große Stress nach der EP-Veröffentlichung. Ich war so beschäftigt, dass ich dann ein paar Wochen freinehmen musste, weil ich fast den Verstand verloren hätte.

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