Am 26. Oktober, dem Nationalfeiertag, rückt Österreichs spezielle Verfasstheit einmal mehr in den Fokus. Trotz mancher Einwände, die Neutralität neu zu interpretieren, denkt niemand daran, sie abzuschaffen.
Es sind nur 14 Zeilen. Im Bundesverfassungsgesetz 1955 vom 26. Oktober. Und doch von enormer Tragweite. Der Nationalrat beschließt, dass Österreich „zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes“ die immerwährende Neutralität erkläre, diese mit allen Mitteln zu verteidigen und keinen militärischen Bündnissen beitreten werde.
Zwei knappe Artikel, die, 70 Jahre später, unumstößlich sind. Laut aktueller Umfrage sehen 80 Prozent die Neutralität als Teil der österreichischen Identität. Lediglich elf Prozent wollen zur NATO.
Keine der Parlamentsparteien will denn auch an der Neutralität rütteln. Nur die NEOS denken hin und wieder laut über europäische Armeen nach.
Wir können froh sein, dass Kreisky so entschieden dafür eingetreten ist.
Altbundespräsident Heinz Fischer
Die Bedeutung der Neutralität wird aber gestärkt durch die jüngsten Entwicklungen um den Angriffskrieg Russlands. Altbundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) verwies bei einer Enquete auf die Errungenschaft, begrüßte, dass im Regierungsprogramm mehrfach das Bekenntnis zur Neutralität festgeschrieben worden sei, und erinnerte an Ex-Kanzler und Parteifreund Bruno Kreisky, einen besonderen Verfechter der Neutralität. „Wir können froh sein, dass Kreisky so entschieden dafür eingetreten ist.“
„Könnten uns selbst aufrüsten“
Einigkeit herrscht außerdem darüber, dass gerade aktuell eine neutrale Nation auch wehrhaft sein müsse. Zuletzt wurde durch ÖVP-Regierungen viel investiert. Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) dazu zur APA: „Es braucht eine selbstbewusste und vor allem auch aus dem eigenen Land heraus gestützte militärisch ausreichende Bewaffnung.“
Rosenkranz geht noch weiter, will die „traditionell starke heimische Rüstungsindustrie“ wieder aufbauen. Dies könne Arbeitsplätze schaffen. „Das ist ja auch nicht ganz schlecht in Zeiten wie diesen. Und Österreich hätte da an sich gute Voraussetzungen. Warum soll man das Geschäft auch anderen Ländern überlassen? Wir könnten uns dann auch selbst aufrüsten.“
Offen reden über die einzige Alternative
Florian Wenninger, Leiter des Instituts für Historische Sozialforschung in Wien, widerspricht hier: „In der Rüstung gibt es aktuell 7000 Jobs. In der Autozulieferindustrie sind es 200.000. Man sollte besser etwa in Infrastruktur wie die Eisenbahnen investieren.“ Dennoch kritisiert auch der Sozialhistoriker, dass die Rüstungsausgaben zu zwei Dritteln ins Ausland wandern. „Sie sind volkswirtschaftlich auch nicht nachhaltig.“
Zur Neutralität generell hält Wenninger fest: „Wir müssen offen über die Alternative dazu reden. Das kann nur die NATO sein.“ Dies wiederum würde die Aufstockung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des BIP bedeuten. Und somit wieder Einschnitte ins (Sozial-)System.
Fundament Österreichs
Das freilich würde ohnehin niemand riskieren. Was bleibt an diesem Feiertag? Die Neutralität ist und bleibt festes Fundament Österreichs.
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