Der Geschäftsklimaindex der Vorarlberger Industrie für das dritte Quartal des laufenden Jahres zeigt ein deprimierendes Bild: Die Stimmung ist schlecht, die Zuversicht gering.
Der Geschäftsklima-Index ist gewissermaßen das Barometer der Vorarlberger Industrie. Und dieses zeigt nun bereits seit drei Jahren ein ausgewachsenes Tiefdruckgebiet an. Sah es vor einigen Monaten zumindest noch nach einer leichten wirtschaftlichen Erholung aus, so ist die Stimmung aktuell wieder im Keller.
Mit -6,3 Punkten verzeichnet der Index einen weiteren Rückgang gegenüber den beiden Vorquartalen (+2,1 und -3,5). „Nach einer kurzen Phase der Stabilisierung ist die Zuversicht in den Betrieben wieder gekippt“, fasst Simon Kampl, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV), die Umfrageergebnisse zusammen.
Nur jeder zehnte Betrieb mit guter Geschäftslage
Er konstatiert eine „voll ausgewachsene, wenn auch schleichende Krise“. Soll meinen: „Stillstand bei hohen Standortkosten – Produktion, Aufträge und Erträge stagnieren, während die Kosten weiter steigen. Von einer Verbesserung der Lage kann also leider weiterhin keine Rede sein.“ Nur jeder zehnte Betrieb beurteilt seine aktuelle Geschäftslage als gut, neun von zehn sprechen von einer durchschnittlichen oder schlechten Situation. 85 Prozent melden rückläufige oder nur durchschnittliche Auslandsaufträge – und auch die Ertragslage hat sich verschlechtert: 89 Prozent der befragten Firmen bezeichnen diese als „schlecht“ oder „rückläufig“.
Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit sichern wollen, braucht es Mut zur Umsetzung – und nicht nur Ankündigungen
Simon Kampl, IVV-Geschäftsführer
Bild: IV
Massenentlassungen sind noch kein Thema
So ernüchternd der Status quo, so bescheiden die Erwartungen: Für die kommenden sechs Monate gehen 89 Prozent der Unternehmen von keiner Verbesserung in Sachen Ertragslage aus, fast die Hälfte befürchtet sogar eine Verschlechterung. Generell ist die Zuversicht gering: Die Unternehmen rechnen weiterhin mit hohen Kosten, schwacher Nachfrage und Unsicherheiten auf den internationalen Märkten.
Immerhin eine gute Nachricht gibt es: Trotz der herausfordernden Lage deuten sich noch keine Massenentlassungen an. 32 Prozent der Betriebe planen sogar, in den kommenden Monaten Personal aufzustocken, 57 Prozent wollen die Zahl der Beschäftigten zumindest halten. Sollte die Auftragsvolumina allerdings schrumpfen, werden sich Entlassungen kaum vermeiden lassen.
Unternehmen beklagen politisches Versagen
Was sich ebenfalls aus der aktuellen Umfrage ableiten lässt: Die Unternehmen sehen massiven politischen Handlungsbedarf, die Frustration ist immens. Die größten Kritikpunkte sind seit Langem bekannt: die zunehmende Bürokratie aus Wien und Brüssel, die hohen Lohnkosten und fehlende Planungssicherheit in Sachen Energie- und Standortpolitik. „Wir dürfen uns nicht einbilden, dass die Lage sich bereits deutlich verbessert hätte – die Industrie verliert in ganz Österreich weiterhin Arbeitsplätze, und ohne tiefgreifende Reformen wird sich daran nichts ändern“, warnt Kampl.
Industriestrategie wird gebraucht
Vor allem brauche es auf Bundesebene endlich eine Industriestrategie, die diesen Namen auch verdient sowie ein radikales Entbürokratisierungspaket. Auch die Landesregierung nimmt Kampl, der vor seinen Wechsel zur IV im Büro des Landeshauptmannes gearbeitet hat, in die Pflicht: „Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit Vorarlbergs sichern wollen, braucht es Mut zur Umsetzung – und nicht nur Ankündigungen.“ Als Beispiel für die politische Trägheit im Land führt Kampl die mit großem Brimborium angekündigte zentrale Entbürokratisierungsstelle an: „Ein Jahr Stillstand, bis die Stelle überhaupt ausgeschrieben wird, ist ein Jahr zu viel.“
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