Die erste Abschiebung eines afghanischen Staatsbürgers in seine Heimat seit der Machtergreifung der Taliban hat in der österreichischen Innenpolitik für Wirbel gesorgt. Während das Innenministerium unter Ressortchef Gerhard Karner (ÖVP) den harten und konsequenten Weg lobt und auch fortsetzen möchte, üben FPÖ und Grüne zum Teil heftige Kritik.
Bei dem abgeschobenen Mann handelt es sich um einen 1994 Geborenen, der in Österreich bereits knapp vier Jahre in Strafhaft verbüßt hatte. Verurteilt wurde er laut Regierungsangaben wegen schwerer Körperverletzung und Vergewaltigung. Der Mann wurde im Beisein österreichischer Polizeibeamter via Istanbul nach Kabul gebracht.
Die Regierung bleibt damit auf jenem Kurs, der mit drei Abschiebungen nach Syrien begonnen wurde und mit den ersten Außerlandesbringungen nach Somalia seit rund 20 Jahren fortgesetzt wurde. Das heißt, kriminell gewordene Flüchtlinge werden auch in Staaten abgeschoben, in denen die Sicherheitslage weiter kritisch ist. Die Anerkennungsquote bei Asylanträgen von Afghanen lag heuer in Österreich bei 76 Prozent.
FPÖ sieht weiterhin „Masseneinwanderung“
Die FPÖ sieht die Aktion gänzlich anders, nämlich als „Tropfen auf den heißen Stein“. Denn gleichzeitig halte man „die Schleusen für die illegale Masseneinwanderung weiter sperrangelweit offen“, erklärte der blaue Sicherheitssprecher Gernot Darmann. Wie schon bei den Einzelabschiebungen von Syrern versuche man auch bei dieser Abschiebung eines einzigen Afghanen die Bevölkerung für dumm zu verkaufen.
Grüne: Abschiebungen rechtliche und keine politische Frage
Grünen-Chefin Leonore Gewessler betonte bei einer Pressekonferenz am Dienstag, Abschiebungen seien rechtliche Entscheidungen, keine politischen. Wofür ihr aber das Verständnis fehle, sei, wenn man „Vertreter einer Terrorbande einlädt“, spielte Gewessler auf die Gespräche mit den Taliban an. „Ich habe immer das Gefühl gehabt, wir wollen in Österreich Terroristen draußen halten und nicht einladen.“
ÖVP sieht sich durch Kritik von „links, rechts und blau“ bestätigt
ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti sieht den Kurs seines Innenministers und seiner Partei durch die Kritik von „links, rechts und blau“ bestätigt. „Wenn sich diverse NGOs berufen fühlen, eine Lanze für abgeschobene Sexualstraftäter zu brechen, ohne dabei auch nur ein Wort über dessen Opfer zu verlieren, spricht das Bände. Wer in Österreich Schutz möchte, sollte tunlichst dafür sorgen, nicht selbst zu einer Person zu werden, vor der die Menschen in unserem Land geschützt werden müssen. Ein derartiger Bruch des Gastrechtes ist schlicht und ergreifend nicht hinnehmbar“, verwies Marchetti auf die kriminelle Vergangenheit des Afghanen.
Einen kleinen Seitenhieb konnte sich der Generalsekretär Richtung FPÖ nicht verkneifen: Der Schutzstatus des abgeschobenen Mannes war bereits zu Herbert Kickls Zeit als Innenminister aberkannt worden. Kickl habe es nicht zustande gebracht, „diesen Schwerverbrechen abzuschieben“, so Marchetti.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verwies auf das völkerrechtlich verankerte Non-Refoulement-Prinzip: „Staaten ist es verboten, Menschen in ein Land zurückzuschicken, in dem Folter, Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.“ In Afghanistan herrsche Willkür, Verschwindenlassen und Folter seien Alltag.
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