Vor Allerseelen schauen wir auf den Menschen hinter dem Partezettel – wie war er, was hat ihn ausgemacht, welche Spuren hinterlässt er? Das Leben der Steirerin Hilde Kirschners Leben gäbe ein Buch her.
Bald ein Jahrhundert ist es her, dass Hildegard Kirschner als geborene Axentowicz auf die Welt gekommen ist. In Czernowitz, der Ukraine. In bescheidenen, aber behüteten Verhältnissen wuchs sie mit ihrem Bruder auf, lernte Ziehharmonika, Klavier. „Dann kam Hitlers Befehl, dass die Deutschstämmigen zurück kommen mussten“, erinnert sich Frau Kirschners Tochter Christine Gigler. Also machte sich die Familie auf die Reise. Hilde war zehn, elf Jahre alt, als ihre bis dahin gewohnte kleine Welt aus den Angeln gehoben wurde.
Noch mehr, als im Lager, in das die Familie zunächst in Deutschland musste, der geliebte Vater an plötzlichem Herztod starb, die Zukunft völlig ungewiss wurde.
Mama und Oma machten sich mit den Kindern auf nach Graz, wo Verwandte lebten. „Die Verhältnisse waren bescheiden“, erinnert sich Christine Gigler an Erzählungen. „Meine Mutter musste auch sofort nach der Schule arbeiten gehen, obwohl sie so gescheit war, gern studiert hätte.“
Doch der Wissensdurst durchzog das ganze Leben der Steirerin. Sie las viel, hatte Latein intus, diskutierte leidenschaftlich, blieb bis zu ihrem Tod firm in der Weltgeschichte – und lernte ab 50 Französisch. Über 40 Jahre lang – denn bis zu ihren letzten Tagen kam die Lehrerin dafür ins Haus!
Bis sie ihr Leben aushauchte war sie ein Beispiel an Konsequenz. „Sie wäre etwa nie aus dem Haus gegangen, ohne perfekt gekleidet zu sein. Die Tasche musste zu Rock und Schuhen passen, dazu kombinierte sie Ohrringe und Kette. Meist kam ein Hut dazu.“ Sie schmunzelt: „Wenn ich Fotos von ihr herzeige, fragen mich die Leute oft, ob das die Queen ist.“
Als Mutter liebevoll, aber auch streng, war sie die wunderbarste Oma, die sich ihre drei Enkelsöhne wünschen konnten. Die Witwe lernte mit ihnen, konnte ihre Rechenaufgaben lösen, fand die Lateinarbeiten aber oft „zu leicht“. „Sie war einfach klug. Ich nannte sie immer meine weise, kleine Eule. Sie maß ja nur 1,48 Meter.“
Hildegard unterhielt sich angeregt und mit viel Temperament, zum Lebensausklang hin auch mit ihrer Begleitung aus dem Hospizverein Steiermark, „meine Mutter liebte die Dame und freute sich immer auf die Stunde am Dienstag“.
Nie klagen, nie jammern
Was hinterlässt Hildegard Kirschner, nachdem sie die mit knapp 94 die irdische Welt verlassen hat? „Ihre Lebensphilosophie bleibt für uns so präsent! Das war: nie klagen, nie jammern, das Leben so nehmen, wie es kommt.“ Und sie war auch immer überzeugt: „Nach dem Tod ist nicht: nichts. Wir leben weiter!“ Was für ein tröstlicher Gedanke für die Familie.
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.