Chirurg gesteht Fehler

Prozess um Kind im OP: „Unglaublich respektlos!“

Steiermark
14.10.2025 12:07

Am Dienstag startete unter großem Interesse der Prozess gegen jene Chirurgin, deren Kind (12) den Kopf eines Patienten im LKH Graz aufgebohrt haben soll. Die Staatsanwältin spricht von einer „unglaublichen Respektlosigkeit gegenüber dem Patienten und der eigenen Kollegenschaft“.

Vor mehr als einem Jahr kam der von der „Krone“ aufgedeckte Skandal auf der Grazer Neurochirurgie ans Tageslicht: Ein erst zwölf Jahre altes Mädchen soll laut Staatsanwaltschaft Graz im Zuge einer Not-Operation den Kopf eines Steirers aufgebohrt haben.

„Sie nahm das zwölfjährige Mädchen mit in den OP, wo sie alleine und ohne Hilfe ein Loch ins freigelegte Schädeldach bohrte. Zuvor erklärte die Angeklagte noch die Funktion des Bohrgeräts“, schildert Anklägerin Julia Steiner den Sachverhalt. Der Zweitangeklagte, ebenso Neurochirurg, und jener Mann, der den Vorgang als Operateur eigentlich hätte durchführen sollen, soll dann noch die Drehzahl des Bohrers festgelegt haben.

Zitat Icon

So etwas darf einfach nicht kleingeredet werden. Was wäre gewesen, wenn der Bohrer defekt gewesen wäre und nicht nach dem Durchbruch des Schädelknochens automatisch gestoppt hätte! Das alles war eine unglaubliche Respektlosigkeit gegenüber dem Patienten und der eigenen Kollegenschaft!

Staatsanwältin Julia Steiner

Nach der OP soll die Chirurgin vor dem Kollegium geprahlt haben, dass ihre Tochter soeben ihr erstes Bohrloch gesetzt habe. „Durch diese flapsige Bemerkung wurde eine Bombe gezündet, das war natürlich ein großer Fehler“, pflichtet Verteidiger Bernhard Lehofer bei. Staatsanwältin Julia Steiner ist überzeugt: „So etwas darf einfach nicht kleingeredet werden. Was wäre gewesen, wenn der Bohrer defekt gewesen wäre und nicht nach dem Durchbruch des Schädelknochens automatisch gestoppt hätte! Das alles war eine unglaubliche Respektlosigkeit gegenüber dem Patienten und der eigenen Kollegenschaft!“

„Strafantrag entspringt der Fantasie“
Anwalt Bernhard Lehofer, Verteidiger der Chirurgin und Mutter, kritisiert: „Meine Mandantin hat 20 Jahre lang unzähligen Menschen das Leben gerettet. Dass es keine gute Idee war, ihr Kind mit in den OP zu nehmen, tut ihr nun seit mehr als zwei Jahren leid. Dennoch ist die OP wunderbar verlaufen, dem Patienten geht es sehr gut.“ Er pocht darauf, dass das Mädchen nie und nimmer alleine gebohrt habe, sondern lediglich die Hand auf das Gerät gehalten habe. Michael Kropiunig verteidigt den Chirurgen. Auch er ist überzeugt: „Der Patient wurde optimal behandelt, der Strafantrag entspringt einer Fantasie!“

Zitat Icon

Das war ein moralischer und ethischer Fehler, das wurde mir erst später bewusst.

Der angeklagte Chirurg

Sein Mandant wird als Erstes einvernommen: „Die Tochter wurde mir vor der Operation vorgestellt, das hat die Mutter selbst gemacht. Ich schenkte dem keine große Beachtung und wollte keine Diskussion über ein Kind im OP führen.“ Später sei sie zum OP-Tisch gekommen und habe gefragt, ob sie mithelfen kann. „Ich war von der Frage überrascht, schlug das Angebot aber nicht ab. Ich drehte mich zur Kollegin um und fragte, ob sie das darf. Sie sagte ,Warum nicht?‘. Ich hatte aber die Kontrolle über den Bohrer.“

„Sie hat nie alleine gebohrt“
Das sei im Eifer des Gefechts geschehen: „Das war ein moralischer und ethischer Fehler, das wurde mir erst später bewusst“, beginnt seine Stimme plötzlich zu zittern, die Augen werden rot. Aber: „Sie hat nie alleine gebohrt! Und im Endeffekt können wir alle stolz auf den Ausgang der Operation sein.“

Die Anwälte Bernhard Lehofer und Michael Kropiunig
Die Anwälte Bernhard Lehofer und Michael Kropiunig(Bild: APA/ERWIN SCHERIAU)

„Habe das aus saublödem Mutterstolz gesagt“
Während ihrer Befragung plagten die angeklagte Chirurgin Erinnerungslücken. Ihre Tochter wollte mit in den OP, sie habe sich da auf keine großen Diskussionen einlassen wollen. Also schleuste sie das Kind in den OP mit ein und gab dem Mädchen dementsprechende Kleidung. Später habe sie ihre Tochter am OP-Tisch gesehen, sie habe dem aber keine große Aufmerksamkeit geschenkt, da sie bereits wegen anderer Fälle telefonieren musste. Dass ihre Tochter laut Aussagen ihres Schützlings beim Bohrvorgang die Hand auf die seine gelegt habe, sei ihr dadurch entgangen – obwohl sie bei den Polizei-Einvernahmen zuletzt mit dieser Version konform gegangen war.

Auch habe sie ihre Zustimmung, dass das Mädchen mitmachen dürfe, nicht explizit gegeben – und widerspricht somit den Angaben ihres Schützlings, den sie obendrein mehrmals kontaktierte und ihn aufforderte zu sagen, dass das Kind gar nie im Operationssaal gewesen sei. „Mein größter Fehler war, sie zum OP-Tisch zu lassen“, gibt sie zu. „Ihr größter Fehler war wohl, sie überhaupt mitreinzunehmen, ein Kind hat dort nichts verloren“, korrigiert sie die Richterin. Auf die Frage, wieso sie danach geprahlt habe, dass ihre Tochter ihr erstes Bohrloch gesetzt, antwortet sie: „Das habe ich aus saublödem Mutterstolz gesagt!“

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt