Warum durfte der Ex-Finanzminister schon bald nach seinem Antritt im Gefängnis dieses wieder kurzfristig verlassen? Eine Anfragebeantwortung der Justizministerin ergibt eine ganz spezielle Konstellation ...
Am 2. Juni verlor Karl-Heinz Grasser (56) seine Freiheit, er wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Dennoch war der Ex-Finanzminister, der bald schon eine Fußfessel bekommen könnte, rasch wieder mal auf freiem Fuß – wenn auch nur kurz. In seiner Heimat Kärnten wurde er in einem Nobelrestaurant am Wörthersee gesichtet.
„Zur Aufrechterhaltung familiärer Angelegenheiten bzw. Beziehungen“, so ist es auch gesetzlich vorgesehen. Bemerkenswert bei Grasser ist jedoch der frühe Zeitpunkt im Kontext eines derartigen Strafmaßes. Die öffentliche Erregung war enorm. Die Grünen stellten eine Anfrage an die zuständige Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ). Zentrale und sinngemäße Frage: Gibt es eine Art Promi-Bonus?
Nur einer erhielt den frühen Ausgang
Der Verdacht in diesem Fall liegt jedenfalls nahe. Freilich gilt auch hier eine Form der Unschuldsvermutung. Die „Krone“ bekam vor der Veröffentlichung die Anfragebeantwortung Sporrers. Auf eine mögliche Bevorzugung von Grasser ging die Ministerin nicht konkret ein. Dafür lieferte sie Zahlen, die für sich sprechen.
Im Durchschnitt wird ein erster Ausgang nach 5,1 Monaten, das entspricht 37 Prozent der Gesamtstrafe, gewährt. In den vergangenen fünf Jahren erhielt von allen Häftlingen, die eine Haftstrafe von vier Jahren oder mehr absitzen, nur ein einziger schon innerhalb der ersten zwei Monate einen Ausgang aus dem Gefängnis. „Da liegt der Verdacht nahe, dass es sich dabei um Karl-Heinz Grasser handelt“, sagt die grüne Abgeordnete Agnes Prammer.
Kopfschütteln und offene Fragen
Von allen Häftlingen, die seit 2020 ihre Strafe angetreten haben, erhielten 825 Ausgänge. Nur 48 davon hatten eine Verurteilung von mindestens vier Jahren. Das Besondere: Von all diesen 48 Fällen hatte, wie erwähnt, nur ein Insasse das Privileg auf den frühen Ausgang. Insgesamt sei nur in 294 von allen 825 Fällen ein Ausgang innerhalb der ersten zwei Monate nach Haftantritt genehmigt worden. „Objektive Gründe für diese Sonderbehandlung konnte die Justizministerin nicht anführen“, wundert sich Prammer. Übrig bleiben offene Fragen und das Kopfschütteln der „normalen“ Menschen.
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