Ein kalter Februartag, Feierabendverkehr am Bahnhof. Plötzlich Schreie, als ein 21-jähriger Türke mit einem Messer auf einen Landsmann einsticht und flüchtet. Der Mann musste sich am Dienstag vor dem Landesgericht in Feldkirch (Vorarlberg) verantworten.
Laut Staatsanwaltschaft hatte der 21-jährige Türke am späten Nachmittag des 13. Februars mit einem 20 Zentimeter langen Messer gezielt auf den Oberkörper seines Opfers eingestochen. Der Grund für die Eskalation wirkt beinahe absurd, denn es ging um ein verlorenes Handy.
Als sein Smartphone bei einer Zugfahrt in Deutschland liegen blieb, fand eine Reisende das Gerät und wählte die zuletzt gespeicherte Nummer. Es war die des späteren Opfers, ein 46-jähriger in Vorarlberg wohnhafter Bekannter des Angeklagten. Der Vorarlberger schickte das Handy per Post an die deutsche Wohnadresse des Beschuldigten, doch dort kam es nie an. Am 22. Dezember erhält der 46-Jährige eine unmissverständliche Sprachnachricht aufs Handy. „Du wirst bereuen, was du getan hast. Ich werde dich töten. Mein einziges Ziel bist du!“
Ärzte retten mit Not-OP das Leben des Opfers
Am 13. Februar reist der Wütende nach Vorarlberg, um den Bekannten, der am Bahnhof Feldkirch einen Imbissstand betreibt, zu stellen. Nach einem kurzen Wortgefecht zückt der Angreifer ein Messer und sticht mehrmals zu. Dank der heftigen Gegenwehr des Opfers, wird es zwar „nur“ von einem Stich in den Bauch getroffen, doch trotzdem schwer verletzt. Passanten alarmieren sofort Polizei und Rettung. Ärzte retten dem 46-Jährigen durch eine Notoperation im Feldkircher Spital das Leben. Gemäß Gutachten war es reiner Zufall, dass die Klinge keine lebenswichtigen Organe traf.
Vor Gericht zeigt der Angeklagte dann einmal mehr, dass er ein Aggressionsproblem hat. Mehrmals springt er während der Befragung auf und verteidigt sich lautstark. Als Auslöser für die Tat gibt er an, vom anderen belogen und als Dummkopf bezeichnet worden zu sein. Eine Tötungsabsicht bestreitet er: „Ich wollte ihn nur verletzen.“ Doch die Beweislast ist schwer, wie die Aufzeichnungen der Überwachungskameras am Bahnhof Feldkirch zeigen. Von der Polizei damit konfrontiert, reagiert er damals mit einem Lachen. Sein Kommentar: „Ich hätte mir gewünscht, dass ich öfter getroffen hätte. Er hätte es verdient.“ Noch heute leidet der Familienvater unter Angstzuständen. Auch die Wohnadresse hat er geändert.
Haller: Kein Fall für die Psychiatrie
Vor Gericht schildert er die Tat so: „Wir wollten zur Post gehen, um den Verbleib des Paketes mit dem Handy zu klären.“ Dann habe der Angeklagte plötzlich zugestochen. Auch weist der Traumatisierte die Behauptung zurück, den Angeklagten provoziert zu haben: „Ich habe nur gesagt: Wir sind hier nicht in der Türkei, du kannst dich nicht wie die Mafia aufführen.“ Über die Persönlichkeit des Angeklagten sagt Gerichtsgutachter Reinhard Haller, dass dieser zwar verhaltensauffällig, emotional instabil und narzisstisch sei, jedoch schuldfähig und daher kein Fall für die Psychiatrie.
Die Geschworenen im Prozess am Landesgericht Feldkirch waren sich schon am frühen Nachmittag einig – schuldig im Sinne der Anklage. Das rechtskräftige Urteil: zwölf Jahre Haft und insgesamt 4000 Euro Teilschmerzengeld an das Opfer und dessen ebenfalls traumatisierte Ehefrau.
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