Ein oder mehrere Brocken könnten sich in den vergangenen Tagen vom Kern des Kometen ISON abgespalten haben. Darauf deuten zwei flügelartige Strukturen (Bild) in der Gasumgebung des Kometen hin, die ein Team von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) und des Wendelstein-Observatoriums der Ludwig-Maximilians-Universität München fotografiert hat.
Flügelartige Struktur um ISON entdeckt
Die Strukturen sind auf Bildern dokumentiert, die die Forscher am 14. und 16. November aufgenommen haben. Ihre Auswertungen zeigen zwei auffällige Strukturen (mit roten Pfeilen markiert) in der Atmosphäre des Kometen, die flügelartig vom Kern ausgehen. Waren diese "Flügel" am 14. November noch recht schwach, dominieren sie die zwei Tage später aufgenommenen Bilder deutlich. "Solche Strukturen treten typischerweise auf, nachdem sich einzelne Bruchstücke vom Kern eines Kometen abgelöst haben", sagt Hermann Böhnhardt vom MPS.
Ebenso wie der Kern von ISON spucken auch die Bruchstücke Gas und Staub ins All. Dort, wo sich die Emissionen des Schweifsterns und der kleineren Brocken treffen, entsteht eine Art Trennschicht, die oft eine flügelartige Gestalt annimmt. Ob das Abspalten der Bruchstücke auch für den Helligkeitsanstieg der vergangenen Tage ursächlich ist, lässt sich laut Böhnhardt "nicht mit Sicherheit sagen", ein solcher Zusammenhang sei aber bei anderen Kometen nachgewiesen worden.
Struktur mit freiem Auge nicht erkennbar
Mit bloßem Auge sind die flügelartigen Strukturen in den Aufnahmen nicht erkennbar, erst numerische Verfahren fördern sie in bearbeiteten Bildern zutage. Dafür durchforsten die Forscher die Gasumgebung des Kometen am Computer nach Helligkeitsänderungen. Der gleichmäßig helle Hintergrund der Kometenatmosphäre wird herausgerechnet und kann so die schwachen Strukturen nicht mehr überstrahlen. "Unsere Rechnungen deuten darauf hin, dass sich entweder nur ein Brocken abgelöst hat oder höchstens sehr wenige Trümmer freigesetzt wurden", sagt Böhnhardt.
Wie sich der Komet in den nächsten Wochen seiner Reise um die Sonne verhalten wird, ist weiter unklar. "Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen jedoch, dass Kometen, die einmal Bruchstücke verloren haben, dazu tendieren, das wieder zu tun", so der Kometenforscher.
Annäherung an Sonne als Fragezeichen
ISON rast auf einer stark zur Erdbahn geneigten, hyperbolischen Bahn auf die Sonne zu und wird am 28. November mit einer Distanz von nur 1,9 Millionen Kilometern extrem nahe an ihr vorbeifliegen. Diese große Annäherung des aus einer Mischung von Eis und Staub bestehenden, rund fünf Kilometer großen Kometen könnte auch dessen Zerfall bewirken.
Der Komet ist nahe dem Horizont in Richtung Ost-Süd-Ost zu sehen. Je näher der 28. November und damit der sonnennächste Punkt kommt, desto größer dürfte der Schweif werden, vor der unmittelbaren Sonnennähe ist dann nur mehr der über den Horizont ragende Schweif zu sehen.
Helligkeit nimmt im Dezember wieder ab
Sobald ISON die Sonne passiert - und den Vorbeiflug halbwegs heil überstanden - hat, taucht ab etwa 1. Dezember Früh wieder der Schweif und in den darauffolgenden Tagen auch der ganze Komet auf. Weil er sich rasch von der Sonne entfernt, nimmt dann auch seine Helligkeit von Tag zu Tag ab.
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