Drei Stillleben des niederländischen Barockmalers Pieter Claesz zeigen: Das Kunsthistorische Museum Wien (KHM) geht in Kooperation mit der Kaiserschild-Stiftung neue Wege in Sachen Digitalisierung. Mittelfristig soll digitale Kunstvermittlung die Neuaufsetzung der Gemäldegalerie begleiten.
Zu Lebzeiten ist Pieter Claesz ein äußerst begehrter Künstler. Das zeigen Inventarlisten namhafter Zeitgenossen, in denen seine Gemälde zahlreich aufscheinen. Nach seinem Tod 1660 gerät der niederländische Maler in Vergessenheit. Selbst die Initialen PC, mit denen er seine Bilder signiert, sind lange nicht zuordenbar. Ein naheliegender Grund für die späte Wiederentdeckung: Viele der insgesamt 230 Gemälde sind bis heute in Privatbesitz, hängen nicht öffentlich in Museen, sondern in Wohnzimmern.
Drei Stillleben von Claesz hat das Kunsthistorische Museum nun in einem der Kabinette der Gemäldegalerie zu einem kleinen Schwerpunkt versammelt. Das Außergewöhnliche an der Mini-Ausstellung sind nicht unbedingt die Werke selbst. Die dezenten Stillleben sind nicht nur analog zu sehen, sie können zudem digital erforscht werden.
Der Claesz-Fokus ist daher vor allem auch ein digitales Erlebnis. An einem interaktiven Tisch können Besucher in die Gemälde eintauchen, atemberaubend nah heranzoomen an eine Zitronenschale, eine Brotkruste oder eine Glasspiegelung – bis jeder Pinselstrich sichtbar wird. Darüber hinaus gibt es historische Informationen über die Bedeutung der gemalten Speisen und Gegenstände, kurze Videos geben Auskunft über den Maler und sein Œuvre.
Neuaufstellung der Gemäldegalerie geplant
Möglich ist die hochauflösende Digitalisierung dank der Kaiserschild-Stiftung rund um den 2013 verstorbenen Haribo-Miteigentümer Hans Riegel. Das 1642 entstandene „Stillleben mit Glaspokal“ hing lange Zeit in dessen Esszimmer.
Die Idee der Schau sei es einerseits, Licht auf einen oft übersehenen Künstler zu werfen, erzählt KHM-Direktor Jonathan Fine bei der Präsentation. Zudem sieht er darin einen „Testballon, wie wir die Kabinette mit einem wechselnden Angebot an Künstlern künftig in Szene setzen können“. Die Schau versteht er folglich als Labor. Einfließen sollen die Erfahrungen in die mittelfristig angedachte Neuaufstellung der Gemäldegalerie.
Digitale Brücke in die Gemälde
Dass Besucher sich künftig nur dem Screen zuwenden, statt sich auf die Originale einzulassen? Diese Gefahr sieht der KHM-Chef nicht. Das digitale Angebot sei weniger Konkurrenz als eine „Brücke zur Kunstsprache der Bilder“. Sie soll es Betrachtern leichter machen, Wege zu den Werken zu finden, „sich in sie einzudenken“.
Vertiefend eindenken kann man sich in diesem Fall noch bis März kommenden Jahres in die drei Werke „Stillleben mit Früchtepastete, Silbertazza, vergoldetem Deckelpokal und ‘Römer‘“ (1637), „Stillleben mit Glaspokal“ (1642) und das „Vanitas-Stillleben“ (1656). Ersteres stammt aus dem Kunst Museum Winterthur, zweiteres aus der Alten Galerie des Joanneums in Graz und letzteres aus dem hauseigenen Bestand.
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