Da Capo für den Hofmannsthal-Klassiker mit Philipp Hochmair in der Hauptrolle des Jedermann, der Samstagabend in Salzburg Premiere feierte. Robert Carsens Inszenierung hat in ihrem zweiten Jahr an Intensität nicht nachgelassen. Hochmair erreicht inmitten eines erstklassigen Ensembles beklemmende Größe.
Die Perfektion, die der Kanadier Carsen dem Prasser vom Domplatz seit dem Vorjahr angedeihen lässt, hat viele Vorzüge und einige Nachteile. Zu schätzen ist die unprovinzielle Weltläufigkeit des Gebotenen – also das Gegenteil der abgesetzten Vorgängerinszenierung. Statt streberhafter Klein-Klein-Aktualisierungen vertraut man der Majestät des Domplatzes und der bei weitem ausreichenden Erkenntnis, dass die Gewissheiten einer sich für unsinkbar haltenden Gesellschaft gerade in sich zusammenstürzen.
Der Nachteil betrifft in erster Linie die Tischgesellschaft, die sich mit Musical-Getöse über ihre Verhältnisse aufdonnert. Beherzte Kürzung wäre angezeigt gewesen. Auch hätte man Deleila Piaskos Buhlschaft mehr Sichtbarkeit als im Vorjahr gewünscht. Doch Carsen ist ein Mann irreversibler Entschlüsse. Jeder Schritt ist ausgemessen, jede Reaktion kalkuliert. Dem Spontan-Euphoriker Philipp Hochmair hat dieses Prinzip im Vorjahr Probleme bereitet, ehe er dann einen Triumph erzielte. Und hier erweist das Theater seine Riesenkräfte: Hochmairs Entäußerung im Anblick des Todes ist bestürzend, die Fallhöhe gewaltig. Entblößt bis auf die Haut, ist ihm mit dem Verlust der irdischen Güter sein gesamtes Selbst weggebrochen. Am Ende wird ihm auch noch der Rasenteppich unter den Füßen weggezogen. Sprechtechnische Nachschärfung wäre allerdings kein Fehler.
Rundum regiert Qualität. Andrea Jonasson ist die Namhafteste im sich stark behauptenden Ensemble. Dominik Dos-Reis als Eso-Todesengel in Piccolo-Tarnung, Kristof van Bowens Mammon, Christoph Luser in bewährter Kombination Teufel/Guter Gesell, Kathleen Morgeneyers Werke, Juliette Larats Glaube und (wirklich) alle anderen: Wer für die Aufführung Karten bekommt, darf dem (diesfalls nicht auftretenden) Herrn danken.
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