Bei der Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerbetrugs in Deutschland hat das Bonner Landgericht einen der zentralen Akteure verurteilt. Der Rechtsanwalt und Kronzeuge Kai-Uwe Steck (53) erhält laut Urteil eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten – auf Bewährung ausgesetzt.
Jahrelang war Steck der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft Köln – nun erhält er wohl seine „Belohnung“ dafür: Der 53-Jährige galt als einer der wichtigsten Köpfe im größten Steuerskandal der deutschen Geschichte – und muss nicht ins Gefängnis.
Er wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und muss darüber hinaus mehr als 23 Millionen Euro an die Staatskasse zurückzahlen, 25.000 Euro jährlich. Aufgrund der langen Verfahrensdauer gelten sechs Monate der Haftstrafe bereits als vollstreckt. Darüber hinaus darf er in den kommenden drei Jahren nicht straffällig werden und muss jeden Wohnortwechsel an das Gericht melden. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft Köln können in Revision gehen.
Halbe Milliarde Euro Schaden für Deutschland
Steck stand seit November 2024 vor Gericht. Seine Taten erfolgten im Zeitraum 2007 bis 2011, die Staatsanwaltschaft warf ihm besonders schwere Steuerhinterziehung in acht Fällen vor. „Der Angeklagte hat durch sein Tun einen Steuerschaden von knapp einer halben Milliarde Euro mitverursacht“, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Hausen.
Der Angeklagte hat durch sein Tun einen Steuerschaden von knapp einer halben Milliarde Euro mitverursacht.
Der Vorsitzende Richter Sebastian Hausen
Der Jurist hatte dazu ein umfängliches Geständnis abgelegt und galt seitdem als Kronzeuge in dem Fall. Stecks früherer Partner Hanno Berger war 2022 vom Bonner Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Für seinen Verteidiger Gerhard Strate sowie den Ausführungen des Richters in dem Prozess zufolge war jene „Doppelrolle“ Strecks als strafmildernd zu sehen. Mit seinen Aussagen leistete er einen erheblichen Beitrag zur Aufklärung, überredete auch andere Beschuldigte mit der Staatsanwaltschaft Köln zu kooperieren.
Die Verteidigung dürfte jedenfalls mit dem Urteil zufrieden sein. Dabei bleibt das Urteil Stecks weit hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurück. Die hatte für den studierten Juristen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten und dazu eine Einziehung von Taterträgen in Höhe von 25 Millionen Euro gefordert.
Cum-Ex: Komplizierte Aktiendeals mit System
Mit der Verurteilung von Steck endet vorerst einer der wichtigsten Prozesse in Deutschlands größtem Steuerskandal Cum-Ex. Bei den gleichnamigen Aktiengeschäften hatten sich Aktienhändler, Banken und Anwälte zusammengeschlossen, um den Fiskus mit komplizierten Aktiendeals systematisch auszunehmen. Die Politik unterband die Deals erst 2012. Der Bundesgerichtshof erklärte die Geschäfte im Jahr 2021 für illegal.
Der Schaden für den deutschen Staat belief sich auf mehr als zehn Milliarden Euro. Deutsche Ermittler versuchen derzeit, so viel wie möglich davon zurückzuholen. In diversen Cum-Ex-Verfahren führen Staatsanwaltschaften mehr als 1000 Beschuldigte – darunter zahlreiche Banker und Anwälte.
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