Der österreichische Song-Contest-Sieger Johannes Pietsch, bekannt unter seinem Künstlernamen JJ, hat in einem Interview unerwartet deutliche Kritik an der Veranstaltung geübt – und damit ordentlich Staub aufgewirbelt. Vor allem mit einem Vergleich Israels mit Russland sorgte der 24-Jährige für einen Eklat.
„Es ist sehr enttäuschend, dass Israel noch am Wettbewerb teilnimmt“, sagte JJ gegenüber der spanischen Zeitung „El Pais“. „Ich würde mir wünschen, dass der Eurovision Song Contest nächstes Jahr in Wien stattfindet – ohne Israel.“ Zugleich betonte der Künstler, dass die Entscheidung über eine Teilnahme nicht bei den Künstlern, sondern bei der Europäischen Rundfunkunion (EBU) liege. „Wir Künstler können uns nur dazu äußern“, so JJ.
Die EBU, ein Zusammenschluss von Rundfunkanstalten aus Europa und darüber hinaus, ist Veranstalter des Eurovision Song Contest, der seit 1956 ausgetragen wird. 2025 fand das Finale in Basel statt. JJ gewann mit dem Lied Wasted Love. Israel belegte den zweiten Platz – für das Land trat in diesem Jahr die Sängerin Yuval Raphael an, die selbst Überlebende des Angriffs auf das Nova-Musikfestival ist. Mit ihrem Lied New Day Will Rise gewann sie jedoch das Televoting.
JJ: „Dieses Jahr war alles sehr seltsam“
Die Ergebnisse des diesjährigen Wettbewerbs sorgten in mehreren Ländern für Kritik. Vor allem die Kluft zwischen Jury- und Publikumsvoting war bei der israelischen Platzierung besonders ausgeprägt: Während Fachjurys Israel auf mittlere Plätze setzten, schnitt man bei den Anrufern eben weitaus besser ab.
Mehrere Rundfunkanstalten, darunter der spanische Sender RTVE, kündigten daraufhin an, eine Überprüfung des Televotings zu beantragen. Sie äußerten den Verdacht, dass der Ausgang des Wettbewerbs durch den aktuellen Nahostkonflikt politisch beeinflusst worden sei. Auch andere Delegationen wie die aus Belgien schlossen sich dieser Forderung an. Der belgische Sender VRT stellte sogar die Teilnahme im kommenden Jahr infrage, sollte es keine Aufklärung geben.
JJ schloss sich dieser Kritik an: „Es müsste mehr Transparenz beim Televoting geben. Dieses Jahr war alles sehr seltsam“, sagte er. ESC-Direktor Martin Green kündigte an, die Kritik ernst zu nehmen und in die Vorbereitungen für den 70. Wettbewerb im kommenden Jahr einfließen zu lassen.
Vergleich mit Russland und politische Debatte
In seinem Interview äußerte JJ indirekt auch einen Vergleich zwischen der Teilnahme Israels und dem Ausschluss Russlands vom ESC seit dem Angriff auf die Ukraine. Einen expliziten Vergleich zog er zwar nicht, er stellte sie mit der Aussage, „beide sind Angreifer“ aber auf dieselbe Stufe.
Auch Vorjahressieger Nemo aus der Schweiz und rund 70 ehemalige ESC-Teilnehmende hatten sich bereits zuvor öffentlich gegen eine weitere Beteiligung Israels ausgesprochen. Hintergrund der Debatte ist der anhaltende Krieg im Gazastreifen, der seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 andauert. Nach Angaben internationaler Hilfsorganisationen sind dabei im Gazastreifen über 50.000 Menschen ums Leben gekommen.
Regenbogenfahne verboten
JJ, der sich offen als Teil der queeren Community versteht, kritisierte auch Einschränkungen der Meinungsfreiheit während des Wettbewerbs. So sei es ihm untersagt worden, eine Regenbogenfahne auf die Bühne zu bringen. „Ich hatte eine kleine Fahne in meiner Hosentasche versteckt, aber kurz vor dem Auftritt hat jemand aus der Organisation sie entdeckt“, berichtete er. „Sie sagten: Das ist nicht die Flagge deines Landes, du darfst sie nicht zeigen.“
Er wolle seine Popularität nun nutzen, um sich für Gleichberechtigung einzusetzen: „Eurovision ist eine große Plattform. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um auf Ungleichheiten aufmerksam zu machen.“
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.