Fünf 16-Jährige sollen monatelang einen Kollegen misshandelt haben, der sich schließlich seinem Vater anvertraute. Angeklagt war am Landesgericht Eisenstadt auch ein Schwerverbrechen – wegen Vergewaltigung.
Großer Jugend-Schöffensenat am Landesgericht Eisenstadt. Die Staatsanwältin sagt im Eröffnungsplädoyer: „Wir befinden uns hier im Bereich der Schwerkriminalität. Es geht um geschlechtliche Nötigung und Vergewaltigung.“
Sind wir halt per Du
Ihr vis-à-vis hocken fünf Burschen aus dem Burgenland und Niederösterreich, Klassenkameraden, 16 Jahre jung. Sie wirken gut erzogen, sind höflich, adrett gekleidet. Und sie genieren sich. Allesamt. Die Vorsitzende bietet ihnen das Du-Wort an, das einstimmig angenommen wird.
Ätzende Flüssigkeiten
Laut Anklage haben die Internatsschüler in Niederösterreich einen schwächeren Kollegen monatelang gemobbt und erniedrigt. Weil: „In der Gruppe ist man mächtiger als eine Einzelperson.“ In unterschiedlicher Zusammensetzung habe man den Wehrlosen mit teils ätzenden Flüssigkeiten gequält. Ein paar hielten ihn fest, einer habe die widerwärtigen Handlungen ausgeführt.
Vergewaltigung „nicht im klassischen Sinn“
Und schließlich, jetzt zurück zum angeklagten Schwerverbrechen: „Es kam zur Vergewaltigung. Nicht im klassischen Sinn. Sondern mit einem Gegenstand“, so die Staatsanwältin. Das Opfer berichtete seinem Vater, der wandte sich an die Direktion. Es folgte die Anzeige.
Langeweile im Internat
Florian Astl, der den vermeintlichen Rädelsführer aus dem Südburgenland vertritt, ergreift als Erster das Wort und nimmt den Anwaltskollegen das Wort aus dem Mund. Er spricht von Langeweile im Internat. Blöden Ideen. Missverstandenen Späßen. Gruppendynamik. „Auch wenn diese Vorfälle nicht entschuldbar sind, ist der Tatbestand der geschlechtlichen Nötigung nicht gegeben. Dies bedingt laut unserer Judikatur nämlich, dass eine körperliche Berührung der Fall ist. Und die ist nicht erfolgt.“
„Man will nicht der Nächste sein“
Astls Kollegen nicken zustimmend, einer sagt: „Man macht bei solchen Sachen teilweise mit, weil man nicht selbst der Nächste sein will.“ Ein anderer Advokat meint kryptisch: „Ich war selbst im Internat. Ich weiß, was das heißt. Schwerverbrecher sind die nicht!“
Die fünf Burschen haben sich aufrichtig entschuldigt. Dies wird bei der eingespielten Video-Einvernahme vom Opfer bestätigt. „Wie man gesehen hat, hat er alles gut verarbeiten können. Physisch und psychisch“, attestiert einer der Anwälte.
Drei gebügelte Hemden
Nach Beratung des Schöffensenats müssen drei Mütter noch einmal die weißen Hemden bügeln – gegen ihre Buben wird Ende August weiterverhandelt. Die anderen beiden haben sich ab sofort wegen Vergewaltigung bzw. schwerer Nötigung in drei und zwei Jahre Probezeit zu begeben. Psychotherapie, Bewährungshilfe und Männerberatung inklusive.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.