Dienstag Abend stand in Neusiedl am See eine Gemeinderatssitzung mit 16 Tagespunkten auf dem Programm. Allerdings war bereits nach dem ersten Schluss, denn die ÖVP verließ geschlossen die Veranstaltung, um ein Statement zu setzen.
Tagesordnungspunkt Nummer Eins hieß: Präsentation Projekt „Kulturzentrum Neusiedl am See“. Jutta Benedek und Anton Grosinger von der Landesimmobiliengesellschaft, Architekt Ralph Steffek und Claudia Priber der Kulturbetriebe Burgenland präsentierten dem Gemeinderat das Projekt. Danach ergriff Vizebürgermeisterin Sabine Nyikos (ÖVP) das Wort.
Sie stellte klar, dass die ÖVP für ein Kulturzentrum in Neusiedl am See sei. Das gehöre aber nicht ins Seebad sondern in den Kern der Stadt. Ein Kritikpunkt war auch, dass die SPÖ nicht einmal sechs Tage nach der Vorstellung des ersten Konzepts für das Kulturzentrum bereits die Verträge mit dem Land durch den Gemeinderat „peitschen“ wollte. Dann die Worte, die niemand glauben konnte: „Deshalb zieht die ÖVP gemeinsam aus.“ Von Bürgermeisterin Lisa Böhm kam nur ein mehr als überraschtes „Ihr zieht aus?“ Schon waren die ÖVP-Mitglieder weg und die Sitzung damit geschlossen.
Auch am nächsten Tag war das Thema noch heiß diskutiert. Während SPÖ-Bürgermeisterin Elisabeth Böhm das Kulturzentrum des Landes als Prestigeprojekt für Neusiedl am See sieht und auch als Chance einen „Schandfleck“ am See endlich in etwas Schönes zu verwandeln, hätte die ÖVP der Stadtgemeinde das Kulturzentrum lieber im Ortskern und nicht weitab vom Schuss im Seebad. Außerdem möchten Vizebürgermeisterin Sabine Nyikos und ihre Mannen die Bevölkerung mehr in das Projekt involviert. „Wir sind für ein Kulturzentrum in Neusiedl am See“, sagt sie. „Aber nicht um jeden Preis“.
Parkplatz und Wiese als Streitpunkt
Und meint damit den Preis, den das Land für ein 700 m² großes geschottertes Grundstück neben dem Seerestaurant, nämlich 24,50 Euro pro Quadratmeter, zahlen möchte. Das Seerestaurant selbst ging für 1600 Euro pro Quadratmeter ans Land. Nyikos ortet hier das „verscherbeln von Tafelsilber“. Wie aber können so konträre Preise auftreten? „Das Grundstück ist als Parkplatz gewidmet“, erklärt Böhm. „Das kann man nicht mit Baugrund vergleichen. Wenn wir aber vom Tafelsilber sprechen. Die ÖVP hat das Seerestaurant vor 40 Jahren an einen Privaten verscherbelt. Das wird gerne vergessen. Ich bin froh, dass es jetzt wieder in öffentlicher Hand ist.“
Den Kritikpunkt von Nyikos, dass für die vor dem Seerestaurant liegende Wiese (2000 ) ein Baurechtsvertrag für 1 Euro beschlossen werden sollte, erklärt die Bürgermeisterin so: „Das Baurecht dort wird benötigt, damit man Bühnen oder Skulpturen aufstellen kann. Es wird kein Gebäude geben“, so Böhm.
FPÖ meldete sich zu Wort
Auch Landtagsabgeordneter Mario Jaksch aus Bruckneudorf meldete sich am Tag danach zu Wort. Er sieht in dem Auszug der ÖVP in Neusiedl am See keinen normalen politischen Zwischenfall, sondern den erschreckender Beleg dafür, wie weit sich das „System Doskozil“ bereits von demokratischer Normalität entfernt hat. „Dass die ÖVP Mandatare gegangen sind, kam nicht aus dem Nichts“, so Jaksch. „Ich sehe den Grund darin, dass die SPÖ Burgenland versuchte, ihr Konzept für das neue Kulturzentrum in Neusiedl ohne ernsthafte Debatte und innerhalb weniger Tage durch den Gemeinderat zu drücken. Ohne Beteiligung, ohne Reflexion, ohne Transparenz. Nordkorea lässt grüßen. Das geht so nicht!“
Übrigens: Die Anträge der SPÖ am Dienstag wären durchgegangen. Denn auch, wenn die ÖVP dagegen gestimmt hätte, Rainer Fussenegger von den Grünen hat nach der Sitzung verraten, dass er und seine Parteikollegin mit der SPÖ mitgestimmt hätten. Nächste Chance für diesen und alle anderen Tagesordnungspunkte: In etwa zehn Tagen.
Verlässt die ÖVP diesmal die Sitzung, ist der Gemeinderat auch mit der Hälfte der Leute beschlussfähig. Ein zweites Mal geht diese Verzögerungstaktik also nicht auf.
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