„Jetz komm‘ schon“

Paukenschlag im Fall Anna: Zehn weitere Anklagen

Nächster Akt in dem Missbrauchsfall um die heute 14-jährige Anna: Wie die „Krone“ erfuhr, hat die Staatsanwaltschaft Wien Anklage gegen zehn (!) weitere tatverdächtige Burschen erhoben – nicht rechtswirksam. Die Vorwürfe gegen die damals 14- bis 19-jährigen Jugendlichen wiegen schwer: Sie sollen das Mädchen an mehreren Orten sexuell genötigt haben – unter anderem als Gruppe in einem Hotelzimmer. Damit wird nun auch der größte Themenkomplex in der Causa vor Gericht aufgearbeitet. 

Die nicht rechtswirksame Anklageschrift schildert die erschütternden Vorwürfe. Die tatverdächtige, zehnköpfige Gruppe soll – wie die „Krone“ berichtete – die damals zwölfjährige Anna zwischen März und Juni 2023 in Wien Favoriten in mehreren Angriffen zum Geschlechtsverkehr genötigt sowie ihre sexuelle Selbstbestimmung verletzt haben.  

Verdächtige Jugendliche leugnen Tat
Anna soll dabei mehrmals „Nein“ gesagt haben, doch fühlte sie sich laut Anklage aufgrund der Gruppengröße zu eingeschüchtert, um den Handlungen etwas entgegenzusetzen. Mit ihren zwölf Jahren sei sie den Beschuldigten körperlich weit unterlegen gewesen. Sie hatte Angst vor der Gruppe. Etliche Male soll Anna missbraucht worden sein – ein Hobbyraum, ein Kinderzimmer, ein Hotel und mehrere Stiegenhäuser sind laut Anklägerin die Tatorte.

In den Einvernahmen leugneten die Beschuldigten, für die die Unschuldsvermutung gilt, die Vorwürfe – sie gaben an, der Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich gewesen. Weil sie gedacht hätten, Anna sei 14 Jahre alt oder älter, sieht die Staatsanwaltschaft von einer Anklage wegen sexuellem Missbrauch Unmündiger ab.

Ich bin ob der Anklage überrascht, zumal die Vorwürfe gegen meinen Mandanten äußerst gering sind.

Timo Gerersdorfer verteidigt einen der zehn Beschuldigten.

Bild: Timo Gerersdorfer

Mehrere Anwälte bestätigen auf Nachfrage, dass die Schrift gegen ihre Mandanten diese Woche eingelangt sei. Einer von ihnen, Timo Gerersdorfer, meint: „Ich bin ob der Anklage überrascht, zumal die Vorwürfe gegen meinen Mandanten äußerst gering sind.“

Ex-Freund brachte Fall ins Rollen
Sollte die Anklage rechtswirksam werden, wird es der größte Prozess in der verstörenden Causa. Nach den beiden Syrern, die zu Beginn des Jahres nach dem Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen wurden, war der Ex-Freund von Anna Ende März nicht rechtskräftig zu 15 Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt worden. Der Tatbestand lautete in seinem Fall auf sexuellen Missbrauch Unmündiger. Er war es, der den Fall ins Rollen gebracht hat, indem er Anna laut seinem Verteidiger dazu bewegt hat, die Übergriffe durch andere Jugendliche zur Anzeige zu bringen.

Mit der nunmehrigen Anklage sind die Ermittlungen in dem Fall abgeschlossen.

Nina Bussek, Sprecherin der StA Wien

Bild: Bartel Gerhard

Laut der Anklageschrift sticht ein 17-jähriger Tatverdächtiger besonders hervor, den Anna im März 2023 mit ihrer Freundin in einem Park in Wien-Favoriten kennengelernt hatte. 

Er soll sie zuerst in einem Stiegenhaus mit den Worten „komm schon, mach doch einfach“ zu geschlechtlichen Handlungen gebracht haben. In der Folge sei es zu zahlreichen Gruppenübergriffen – auch in seinem Kinderzimmer – gekommen, „wobei das Opfer ihnen wiederholt mitteilte, dies nicht zu wollen, den Aufforderungen stets aus Angst nachkam“.

Übergriffe in Hotelzimmer
Eines der Treffen soll auch in einem Hotel stattgefunden haben. Ein strafunmündiger 13-Jähriger soll Anna dabei angewiesen haben, in ein angemietetes Hotelzimmer zu kommen. Dort sei es zum Serien-Übergriff an dem Mädchen gekommen. 

Ich bin erleichtert, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat.

Opfervertreter Sascha Flatz

Bild: Bartel Gerhard

Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien: „Mit der nunmehrigen Anklage sind die Ermittlungen in dem Fall abgeschlossen.“ Es gibt keine weiteren Beschuldigten. Annas Anwalt Sascha Flatz: „Ich bin erleichtert, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat.“